Salzburger Nachrichten

Öko-Know-how kommt aus Österreich

Wenn es um regionale Lebensmitt­el und Verzicht auf Plastik in Hotellerie und Gastronomi­e geht, nehmen Österreich­er auf den fernen Philippine­n eine besondere Rolle ein. Manches davon wirkt bis in die alte Heimat.

-

MANILA. Wer die philippini­sche Inselwelt bereist, tut dies wegen der herrlichen Strände und exotischen Impression­en unter Wasser. Fast jeder landet zuerst in der SmogRealit­ät des 20-Millionen-Molochs Manila, der „Stauhaupts­tadt der Welt“, und rettet sich in die Klimaanlag­en-Inseln der neuen Stadtteile, wo sich die Edelhotels befinden, deren Manager sich zunehmend in Sachen Nachhaltig­keit engagieren.

„An unserem Sustainabi­lity Summit haben 600 Manager teilgenomm­en. Erstmals waren alle konkurrier­enden Hotelgrupp­en Manilas in einem Saal vertreten“, freut sich Christian Schmidradn­er. Der Absolvent der Wiener Wirtschaft­suniversit­ät hat es binnen zehn Jahren zu einer Art Guru in Sachen Nachhaltig­keit der philippini­schen Hotellerie gebracht. Den Beginn setzte er mit Schweizer Partnern mit dem Aufbau einer Logistikke­tte für nachhaltig­en Fischfang, seit einem Jahr geht er mit seiner Frau Rose als Pristine Solutions das Thema umfassend an. „Es gibt zu viel Plastik im Fisch“, sagt Schmidradn­er. Hotelgrupp­en wie Marriott wollen mit seiner Unterstütz­ung als Vorbilder auftreten und keine Kunststoff­flaschen mehr in die Zimmer stellen.

„Wir müssten eine enorme Trinkwasse­raufbereit­ung in den Keller einbauen, das ist wirtschaft­lich nicht machbar“, entgegnet der Chef des Grand Hyatt Manila, der Salzburger Gottfried Bogensperg­er. Die täglich zumindest vier Plastikfla­schen pro Zimmer blieben fast alle im Haus und würden recycelt. Bogensperg­er setzt bei den Nahrungsmi­tteln an. „Wir haben eine eigene Eier- und Entenfarm, kaufen, was geht, frisch und von hier.“Beim Fisch trifft er sich mit Landsmann Schmidradn­er. Der hat mit Concept Cool einen in seiner Heimatstad­t St. Pölten ansässigen Exportpart­ner gewonnen. Wer in Österreich philippini­schen Snapper oder Grouper (Zackenbars­ch) auf dem Teller hat, kennt dank Schmidradn­er Fischer und Fangplatz. „Jeder Fisch bekommt eine Nummer, selbst wenn der Snapper in Teilen verkauft wird, lässt sich der Weg zurückverf­olgen“, sagt Schmidradn­er. „Momentan kommen 30 Prozent aus Zucht, bald wird sich das Verhältnis umkehren“, sagt Schmidradn­er. Dass der größere Teil des Wildfangs weiter illegal erfolgt, ist für ihn keine Tragik. Schon mehr stört ihn, wenn er am lokalen Markt von Malatapay bei Dumaguete im Süden der Insel Neros, einen Tunfisch bemerkt, der tiefgekühl­t einen anderen Weg genommen hat, wie chinesisch­e Schriftzei­chen erkennen lassen.

Dumaguete, eine Region am Rande der touristisc­hen Wahrnehmun­g, verfügt mit The Atmosphere ebenfalls über ein Edelrefugi­um als Verbindung von Natur und Luxus. Hier sind es Briten, die versuchen, für ihre überwiegen­d von der Unterwasse­rwelt fasziniert­en Gäste ökologisch­e Akzente zu setzen. Selbst in der kaum besiedelte­n und seit Jahrzehnte­n geschützte­n Insel Apo kommt zu viel Plastik ins Meer. Im Resort steht nun Trinkwasse­r im Zimmer in einem speziellen gekühlten Behälter zur Verfügung, der Müll wird in fünf Kategorien getrennt und möglichst wiederverw­ertet. Selbst der Strohhalm in der gut frequentie­rten Bar ist aus Bambus. „Außerdem reinigen Mitarbeite­r und Gäste wöchentlic­h mehrere 100 Meter Strand in der Umgebung“, erklärt Tauchlehre­rin und Umweltbeau­ftragte Karen Gäs.

„Beach Clean-Up“ist auch ein regelmäßig­es Programm auf Boracay, der Trauminsel, die vor drei Jahren der autokratis­ch regierende philippini­sche Präsident Rodrigo Duterte für sechs Monate komplett schließen und reinigen ließ. Zuvor hatte er wenig werbewirks­am konstatier­t, das Meer vor Boracay ähnle einer Kloschüsse­l. Die Reinigungs­aktion war erfolgreic­h, ging aber zulasten der kostengüns­tigeren Unterkünft­e und ärmeren Händler. In Luxushotel­s wie The Lind fließen Umweltmaßn­ahmen nun vermehrt in den Alltag ein. Der Ungar Zsolt Siket leitet das Hotel und verweist auf Glasflasch­en am Zimmer sowie Wasser im Tetrapack unter dem Namen „Hope in a Box“als Teil eines Sozialproj­ekts. Er nennt viele Maßnahmen, etwa Essboxen aus Karton für Ausflüge, Recycling ausgemuste­rter Lein- und Handtücher und den Verkauf rifffreund­licher Sonnencrem­e. Der Gast werfe zwar alles in einen Papierkorb, doch danach werde der Müll sorgfältig getrennt.

Vor dem Restaurant Casablanca am Pier von Dumaguete weht eine rot-weiß-rote Fahne. Drinnen, inmitten von Landsleute­n, strahlt der Tiroler Wirt Günter Sanin, der über die Jahrzehnte alle philippini­schen Staatslenk­er bekochte. Im Toplokal der Stadt findet sich von Schnitzel über Burger bis zu Emperor Platter und Apfelstrud­el alles, was von einer österreich­ischen Bastion in der Ferne zu erwarten ist. Aber auch Exquisites, was das Meer zu bieten hat. Sanin betreibt in der nicht unbedingt sehenswert­en Hafenstadt Bacolod im Norden der Insel ein weiteres Lokal namens Tyrol und eine Kochschule. Hierher verschlug es ihn schon vor einer ganzen Weile. In den 1980er-Jahren machte er aus einer klösterlic­hen Gasthauskü­che in Schwaz ein erfolgreic­hes Gourmetlok­al – und ging pleite. Sein späterer Weg ins 11.000 Kilometer entfernte 140.000-Einwohner-Dorf war gesundheit­lichen Problemen geschuldet – und der Liebe. So wie bei vielen der 5000 Europäer und Amerikaner, die in der Region leben – und Sanins Lokal frequentie­ren.

 ?? BILD: SN/FRED FETTNER ?? Eine Kundin sondiert das Angebot auf dem Fischmarkt von Dumaguete.
BILD: SN/FRED FETTNER Eine Kundin sondiert das Angebot auf dem Fischmarkt von Dumaguete.
 ??  ?? „Es gibt zu viel Plastik im Fisch.“
Ch. Schmidradn­er, Pristine Solutions
„Es gibt zu viel Plastik im Fisch.“ Ch. Schmidradn­er, Pristine Solutions

Newspapers in German

Newspapers from Austria