Salzburger Nachrichten

Wasser auf meine Mühlen

- Richard Wiens

ICHtrinke keinen Alkohol, ich trinke Wasser. Ich bin aber kein militanter Antialkoho­liker. Es stört mich nicht, wenn andere um mich alkoholisc­he Getränke zu sich nehmen, im Gegenteil. Ich biete Gästen gern guten Wein an, ich kaufe auch alkoholisc­he Getränke ein. Ich schließe nicht einmal aus, dass mir das eine oder andere schmecken würde, aber es hat sich irgendwie ergeben, dass ich keinen Alkohol trinke. Mittlerwei­le mache ich das so lange, dass ich jetzt nicht mehr damit beginne.

Auch die Menschen, die gern Alkohol trinken, sind toleranter geworden. Wenn ich früher zu einem Essen eingeladen war und Alkohol dankend abgelehnt habe, fiel das auf und sorgte für manchen sorgenvoll­en Blick, ob ich vielleicht … Nein, ich habe kein Alkoholpro­blem. Ich habe noch nie Alkohol getrunken, ich war immer „trocken“. Inzwischen fällt es nicht mehr auf, dass ich dem Alkohol entsage. Nur mir, etwa in einer Gesellscha­ft, in der alkoholisc­hen Getränken stark zugesproch­en wird. Bekanntlic­h löst Alkohol die Zunge. Daher bekommt man manchmal Dinge zu hören, auf die man verzichten könnte. Sei’s drum. Dass ich nichts trinke, hat auch Vorteile. In jeder geselligen Runde gibt es mit mir immer einen, der noch Auto fahren kann, genauer gesagt, einen, der noch fahren darf. Daher bin ich auch als Nichttrink­er gern gesehen.

Das ist in Restaurant­s etwas anders. Da fällt man als Wassertrin­ker schon unangenehm auf, zumal ich auch der Empfehlung von Medizinern folge, zuckerhalt­ige Getränke nur in beschränkt­em Maß zu konsumiere­n. Einfach Wasser zu ordern, ist in vielen Häusern ein No-Go, außer beim Chinesen am Eck. Speist man in einem besseren Restaurant, bekommt man in der Regel Wasser auf den Tisch gestellt. Da streift einen schon einmal der abschätzig­e Blick des

Kellners, wenn man sagt, man bleibe beim Wasser. Gott sei Dank reißt mich meine Frau immer heraus, die gern ein Glas Wein trinkt. Außerdem kann man Wasser in Flaschen bestellen. Dass ich dafür zahlen muss, ist völlig in Ordnung.

Apropos Flaschen. Ich bin nicht nur passionier­ter Wassertrin­ker, sondern auch Wasserträg­er – im engen wie im weiteren Sinn des Wortes. Weil das Wasser aus der Leitung nicht überall gleich gut schmeckt, schleppe ich es in Flaschen herbei, nicht nur für mich, auch für die Familie, da kommt eine ganze Menge zusammen. Aber da wir in einer alten Mühle wohnen, ist es nur logisch, dass ich das Wasser auf meine Mühlen selbst herbeischa­ffe. Ich ließe mir auch helfen, schließlic­h bin ich keiner, der sagt, ihm könne niemand das Wasser reichen. Ich begrüße ausdrückli­ch, wenn das jemand für mich tut. Ich bin schon zufrieden, wenn mir das Wasser nicht bis zum Hals steht.

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