Lagerarzt des KZ Auschwitz ruht in Lend
Die Gemeinde wusste bis vor einem Jahr nicht, wer sich hinter dem Namen Franz Bodmann verbirgt. Jetzt ist man ratlos, was mit seinem Grab geschehen soll.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs zogen sich zahlreiche NS-Größen und Kriegsverbrecher in die Salzburger Berge zurück. Hermann Göring ist das bekannteste Beispiel. Er wurde in Altenmarkt von den Amerikanern verhaftet und dann in Nürnberg zum Tode verurteilt.
Andere fanden in Salzburg den Tod, wurden hier begraben und vergessen. Zu diesen gehört Franz von Bodmann. Polizeiarzt steht auf seinem Grabstein auf dem Friedhof in Lend. Tatsächlich war der 1909 in Baden-Württemberg geborene SS-Obersturmführer unter anderem Lagerarzt im KZ Auschwitz, und zwar von Februar bis August 1942. Er gilt als Erfinder des Tötens von Häftlingen mittels Phenolinjektionen und soll auf diese Weise auch selbst Menschen umgebracht haben. Später war Bodmann noch Arzt in mehreren anderen Konzentrationslagern, unter anderem in Majdanek, wo er laut Prozessakten Häftlinge persönlich in die Gaskammer geführt haben soll. Gegen Ende des Kriegs kam er zu einer SS-PanzerDivision und endete schließlich
„Ich war entsetzt, als ich von dem Grab erfahren habe.“
in einem Lazarett für Kriegsgefangene in St. Johann. Dort soll er am 25. Mai 1945 Selbstmord begangen haben. Begraben wurde er in Lend.
Die Lender Bürgermeisterin Michaela Höfelsauer (SPÖ) sagt, sie sei entsetzt gewesen, als sie das erfahren habe. Denn bis vor einem Jahr wusste wohl kaum jemand im Ort, wer Bodmann war. Höfelsauer: „Wir haben vor einem Jahr die Geschichte aufgearbeitet und eine Gedenktafel für die Widerstandskämpfer enthüllt. Da haben wir eine Anfrage aus Deutschland erhalten, was wir mit dem Grab vorhaben. Ich musste nachschauen, wer das ist.“Höfelsauer sagt, Bodmann liege wahrscheinlich deshalb in Lend, weil der Lender Pfarrer nach dem Krieg eine Art Krankenlager geführt und Leute aus St. Johann heraufgebracht habe.
Dass der KZ-Arzt auf dem Friedhof liegt, auf dem auch der Widerstandskämpfer und der normalen Soldaten gedacht wird, bereitet der Gemeinde Unbehagen. „Aber alle sind sich unschlüssig, was wir tun sollen“, sagt Höfelsauer. Der Pinzgauer Historiker Rudolf Leo sagt, man müsste eine Tafel mit Erläuterungen anbringen. Das will Höfelsauer nicht. Sie fürchtet, dass das Grab so zur Pilgerstätte für Rechte würde. Ihr ist es schon suspekt, dass das Grab immer wieder geschmückt wird. „Von wem, wissen wir nicht. Wir glauben, dass es jemand von außen ist.“
Das Grab eines anderen Kriegsverbrechers ist verschwunden. Leo sagt, er finde es schade, wenn Geschichte auf diese Weise entfernt werde. Die Rede ist vom Grab Alois Persterers in Maria Alm. Der aus Saalfelden stammende Massenmörder verschanzte sich bei Kriegsende am Filzensattel. Als ihn die Amerikaner fanden, widersetzte er sich der Festnahme und wurde erschossen. Laut den Recherchen des Zeller Autors Walter Thaler hat ihn ein Bauer vor Ort begraben. Im Herbst 1945 wurde er auf den Friedhof gebracht. Leo hat das Grab im Zuge der Recherchen für sein Buch „Der Pinzgau unterm Hakenkreuz“gefunden und fotografiert. Als 2016 zwei alte Bäume neben dem Grab gefällt werden mussten, gab Persterers Tochter es auf. Bei der Gemeinde wusste niemand, wer der auf dem Grabstein als Oberst bezeichnete Mann war. „Den kannten fast nur Historiker“, sagt Leo. Selbst die Tochter erfuhr erst mit 70 Jahren von einer Historikerin, welche Rolle ihr Vater im Krieg gespielt hatte.