Salzburger Nachrichten

Warmer Winter ist Stress für Tiere

Warme Winter sorgen im Tierreich für Veränderun­gen. So kommt der Kuckuck zu spät zum Brüten, die Bienen verlassen verfrüht ihr Winterquar­tier.

- Simona Pinwinkler

Alle Vögel sind schon da, alle außer dem Kuckuck – so müsste das bekannte Kinderlied heute lauten. Die warmen Temperatur­en sorgen nämlich dafür, dass Zugvögel im Winter bis zu vier Wochen früher in die Heimat zurückkehr­en. Auch die ersten Störche wurden bereits Anfang Februar gesichtet. Nur der Kuckuck bleibt seinem Flugplan treu. Er kehrt erst im April aus Afrika zurück. So ist er pünktlich und trotzdem zu spät.

Denn gerade für ihn hat das bittere Folgen: Der Kuckuck ist ein Brutparasi­t, das bedeutet, er legt seine Eier in fremde Nester, damit andere Vögel sie ausbrüten. Diese haben ihre Brutzeit im Frühling aber längst begonnen, die besten Nestplätze sind belegt und die ersten Küken geschlüpft. Da wird es schwierig für ihn, das Kuckucksei anderen Vogelfamil­ien unbemerkt unterzujub­eln. Sein Bruterfolg sinkt und damit auch die Zahl seiner Art. „Es ist ein Blick in die Zukunft“, sagt der Biologe Franz Essl. Er beschäftig­t sich mit der Artenvielf­alt und beobachtet die Entwicklun­gen mit Sorge: „Der Jänner war europaweit der wärmste seit Beginn der Messgeschi­chte. Auch der Februar ist bisher um vier Grad Celsius zu warm“, sagt Essl. Die Geschwindi­gkeit des Klimawande­ls überforder­e die Tiere und Pflanzen. Probleme wie jene des Kuckucks werden Forschern zufolge in Zukunft zunehmen.

Warum kommt dann nicht auch der Kuckuck früher aus dem Süden zurück? „So einfach ist das nicht“, sagt der Biologe. Denn die frühen Rückkehrer oder jene Vögel, die bei uns überwinter­n, haben nur dann einen Vorteil, wenn es auch warm bleibt. „Wird es plötzlich wieder kalt, sind sie im Nachteil. Dann ist ihre Nahrung unter Schnee und Eis bedeckt“, erklärt Essl.

Dieses Dilemma trifft nicht nur Vögel. Auch andere Tierarten müssen ihre Gewohnheit­en an den warmen Winter anpassen. Frösche zum Beispiel sind heuer früher als sonst aus ihrer Winterstar­re erwacht und haben ihre Laichwande­rung, die sonst erst ab Mitte März zu beobachten ist, bereits Anfang Februar gestartet. Auch Igel haben im Jänner ihren Winterschl­af unterbroch­en. Besonders gefährlich ist der Klimawande­l aber für Insekten. Die frühlingsh­aften Temperatur­en bringen die eine oder andere Biene dazu, ihr Winterquar­tier vorzeitig zu verlassen. Kommen die Tiere bei einem erneuten Frosteinbr­uch nicht schnell genug ins Warme zurück, könnten sie verhungern oder erfrieren.

Ein milder Winter wäre kein Problem, sagt Franz Essl. „Aber wenn es Jahre hintereina­nder zu diesen warmen Temperatur­en kommt, wirkt sich das langfristi­g darauf aus, wie Tiere überwinter­n.“

Der Klimaschut­z sei daher besonders wichtig, betont der Forscher. Politiker, aber auch die Bürgerinne­n und Bürger seien gefordert, sich verstärkt diesem Thema zu widmen. „Zusätzlich sollen die Ökosysteme, also die natürliche­n Lebensräum­e der Pflanzen und Tiere, gestärkt und geschützt werden.

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Der Kuckuck kommt zu spät aus dem Süden zurück.

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