Lasst Königinnen herrschen!
In der Haut des Wetters möchte man auch nicht stecken. Ständig wird an ihm herumgemault. Zu viel Schnee. Zu wenig Schnee. Zu viel Regen. Zu wenig Regen. Vor allem aber: zu warm. Über den heurigen Februar heißt es in vorwurfsvollem Ton: um zehn Grad zu warm. Wäre man Anhänger der steinzeitlichen Ziffernnoten, würde man zu diesem Februar sagen: Setzen, fünf!
Einen Einser gäbe es für Monate, die um zehn Grad zu kalt sind. Aber wo sind sie? Gut, Sturmtief „Sabine“tat neulich sein Bestes (und wurde dafür mit einem weiblichen Namen geehrt, sonst hätte es Sturmtief „Eberhard“geheißen). Aber das sind seltene Kaltlichtblicke.
Anstelle der Bundesregierung würden wir sofort eine „Task Force Wetter“einrichten. Denn erstens klingt „Task Force“immer gut, und zweitens muss endlich etwas geschehen.
„Das Wetter wird mich noch kennenlernen“, sollte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner toben und energisch davonstapfen. Hans Peter Doskozil sollte seine Verlobte als Alle-Wetter-Referentin in sein Büro holen. Und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sollte eine Mitgliederbefragung starten und die Frage stellen: „Wollen wir gemeinsam für ein schiaches Wetter kämpfen?“
Denn darum geht es: Das schöne Wetter ist heute schiach. Und das schiache Wetter ist heutzutage schön. Wir erleben (was der Philosoph Friedrich Nietzsche immer schon prophezeit hat) eine Umwertung aller Wetterwerte.
Früher, da galt schönes Wetter als schön. Welch verquere Vorstellung! Ihr erlag bereits Homer, der in seiner „Odyssee“das Wetter für die Götter am Olymp so beschrieb:
„Nie von Orkanen erschüttert, vom Regen nimmer beflutet, / nimmer bestöbert vom Schnee; die wolkenloseste
Heitre / wallet ruhig umher und deckt ihn mit schimmerndem Glanze.“– Und das soll schön sein? Viel zu warm, dieses olympische Wetter. Setzen, fünf!
Völlig im Irrtum befand sich auch Robert Musil, der seinem Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“einen halbseitigen Wetterbericht voranstellte („Über dem Atlantik lag ein barometrisches Minimum …“), den er dann so zusammenfasste: „Es war ein schöner Augusttag des Jahres 1913.“– Welch ein Trugschluss. Es war schiach!
Nur das schiache und vermeintlich schlechte Wetter ist schön und gut. Denn nur ihm kann man nicht den Vorwurf machen, zu warm zu sein.
Auf diese Wetterveränderung sollte dringend auch die Fernsehwerbung reagieren. Bisher werden Katzennahrung, Haarwuchsmittel und Reißnägel ja gemeinhin dadurch angepriesen, dass man eine glückliche Familie im warmen Sonnenglast über die grüne Wiese tollen sieht. – Falsch, ganz falsch!
Diese angeblich schöne, heile Welt ist in Wahrheit schiach. Wirklich schön ist es, wenn sich die Fernsehfamilie im frostigen Graupelschauer bibbernd in die Hausecke drückt. Das ist schön. Das lässt den Reißnägelabsatz in den eisigen Winterhimmel schießen!
Heimkehrer aus dem Sommerurlaub sollten künftig nicht auf ihre angeblich schöne Sonnenbräune, sondern auf ihre in Wahrheit schönen Frostbeulen angesprochen werden. Und auch die Politik, vor allem die in „Task Force Kurz“umzubenennende Regierung, sollte, wie gesagt, endlich reagieren. Die Ernennung des weltweit gesuchten Unwetterexperten Prof. Gunnar Hagelstorm zum Regierungsbeauftragten für schiaches Wetter wäre das Mindeste.
Auch Heinz-Christian Strache sollte sich in den Dienst der kalten Sache stellen. Schließlich kann er ein Ibiza-Lied davon singen, was Urlaube unter südlicher Sonne bedeuten. Bei Ferien auf Spitzbergen wäre ihm das nie passiert.
So weit unser heutiges Plädoyer für schiaches Wetter. Schnäuz.