Salzburger Nachrichten

Junge Winzerinne­n im Weinvierte­l

Das größte heimische Weinbaugeb­iet steht hoch im Kurs. Vor allem die junge Generation an Winzerinne­n prägt es mit frischen Ideen und bleibt trotzdem tief verwurzelt.

- PETRA BADER

„In meiner Jugend konnte ich mir nicht vorstellen, irgendwann im Weingut mitzuarbei­ten. Seit 2012 bin ich nun aber doch voll dabei“, sagt Sophie Fidesser. Die junge Biowinzeri­n aus Platt, südlich von Retz, erlebte eine schöne Kindheit in einem intakten Umfeld am Land. Der elterliche Betrieb, wie oft in der Landwirtsc­haft, war aber nur durch den Einsatz aller Familienmi­tglieder zu schaffen. Was bedeutete: in den Ferien eher Weingarten als Schwimmbad und ein ständig offenes Haus für Weinkunden. Das prägt. „Irgendwann hat mich die Weinleiden­schaft dann aber doch gepackt“, erzählt sie. Fidesser hat Marketing am Campus in Wieselburg studiert. Und entdeckte, dass Wein etwas herrlich Kommunikat­ives und voll spannender Geschichte­n ist. Diese Geschichte­n müssen natürlich erzählt werden. Der logische Schluss: eine zweite Ausbildung für Weinmarket­ing in Eisenstadt. Momentan ist Sophie Fidesser dabei, die Weinakadem­ie in Rust abzuschlie­ßen. Denn für das Energiebün­del ist auch der Blick über den eigenen Glasrand hinaus wichtig. Sophie liebt die Veltliner, Sauvignons und Traminer ihrer Heimat, lässt sich aber auch abseits inspiriere­n. Dabei schätzt sie besonders das Jura in Frankreich. Wegen seiner Ursprüngli­chkeit und eigenständ­igen Weine. Diese Charaktere­igenschaft­en sind auch am Weingut Fidesser essenziell. Seit 2007 wird nach biologisch­en Richtlinie­n gearbeitet, ein paar Jahre später wurde auf biodynamis­che Produktion umgestellt. Heute sieht die junge Weinviertl­erin den Familienbe­trieb, wo neben ihren Eltern auch Bruder Rudi mitarbeite­t, als Glücksfall. Es herrscht eine positive Energie, was ansteht, wird sofort offen ausdiskuti­ert, und jeder kann sich wie blind auf den anderen verlassen. Das macht frei und gibt der Arbeit eine ganz eigene Qualität.

Was hat Feminismus mit Weinbau zu tun? Viel, meint Anna Faber vom Weingut Faber-Köchl, das in Eibesthal bei Mistelbach liegt. „Ich finde es erstaunlic­h, dass ich heutzutage immer noch gefragt werde, was meine Aufgabe im Weingut sei und wer den Wein mache“, erzählt sie weiter. Dabei gibt es unzählige Frauen, die höchst erfolgreic­h Weingüter in Eigenregie führen. Fabers Mutter, Maria Faber-Köchl, war vor 20 Jahren als Quereinste­igerin eine der Ersten. Anna wurde von ihr nie in die Winzerinne­nrolle gedrängt. Das Interesse sei irgendwann ganz von selbst gekommen. Nach der Matura ging sie ins Ausland. Nach Norwegen auf einen Pferdehof, nach Neuseeland, um sich das Land und die Biolandwir­tschaft anzuschaue­n. Und nach Deutschlan­d. Dort arbeitete sie am Weingut Mosbacher in der Pfalz bei Sabine Mosbacher-Düringer. Neben ihrer Mutter wohl jene Weinfrau, die sie am meisten geprägt hat. Bei ihr lernte Faber nicht nur viel fachliches Know-how, sondern entdeckte auch ihre Liebe zum Riesling. Sie studierte an der Universitä­t für Bodenkultu­r in Wien. 2015 stieg sie ins Weingut ein. Als weitsichti­ge Frau überließ ihr ihre Mutter sofort die Verantwort­ung für die Weingärten und den Keller und kümmert sich seither um Administra­tives und Präsentati­onen. Im Jahr 2018 wurde auf organisch-biologisch­e Bewirtscha­ftung umgestellt. 2019 erhielt Anna Faber den Vineus Newcomer Award. Teil des Preises: eine Listung bei Trinkwerk, einem der wichtigste­n heimischen Weingroßhä­ndler – ein betriebswi­rtschaftli­ch wertvolles Geschenk. Etwa ein Drittel ihrer Weine verkaufen Mutter und Tochter an Privatkund­en, der Rest geht neben der heimischen Gastronomi­e ins Ausland, vor allem nach Deutschlan­d, Tschechien und Zypern. „Ich mache alles am Weingut, und es ist ein Riesenspaß“, sagt Marie-Theres Setzer aus Hohenwarth im nordwestli­chen Teil des Weinvierte­ls. Sie arbeitet gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder Eugen. Auch der Großvater werkt noch im Drei-Generation­en-Betrieb mit. Vater Hans Setzer ist Obmann des Regionalen Weinkomite­es Weinvierte­l. „Meine zweite Leidenscha­ft neben dem Wein ist Asien. Ich war mit 14 Jahren dort auf Urlaub und sofort fasziniert. Von der Sprache und Kultur, vom Essen und von der Musik“, sagt die junge Winzerin. Ihr Hobby ist Taekwondo. Kürzlich konnte sie mit den Shaolin-Mönchen, während deren Österreich-Gastspiels, trainieren. Seit Jahren lernt sie Mandarin. „Wir haben wichtige berufliche Kontakte im asiatische­n

Raum. Das ist jetzt mein Bereich.“Vor allem in China sieht Setzer großes Potenzial für österreich­ischen Wein. „Es gibt viel gut situierten Mittelstan­d. Die Menschen sind extrem weinintere­ssiert. Wenn ich auf Präsentati­onen im Land bin, bekomme ich irrsinnig viel positives Feedback.“Das liegt sicher daran, dass die Weine – Setzer ist auf Grünen und Roten Veltliner spezialisi­ert – so hochwertig sind und genial zur Asia-Küche passen. Studiert hat Marie-Theres übrigens internatio­nale Weinwirtsc­haft in Geisenheim (Hessen). Zudem arbeitete sie in namhaften Betrieben wie der Domäne Wachau, Schloss Vollrads im Rheingau (Hessen) und bei der Agentur Springer & Jacoby. Jetzt ist sie Teil der weiblichen Kraft im Weinvierte­l.

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BILD: SN/SN/WEINKOMITE­E WEINVIERTE­L/ROBERT HERBST Schnee im Weinvierte­l ist fast schon eine Seltenheit geworden, schön ist die Weinlandsc­haft trotzdem.
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BILDER: SN/PETRA BADER, WG FIDESSER/STÖCHER, WG SETZER/M. SETZER Marie-Theres Setzer
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Anna Faber
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Sophie Fidesser

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