Salzburger Nachrichten

Bitte vertraulic­h, Herr Lehrer!

Lehrer, Schüler und Eltern tauschen sich nach wie vor in Whatsapp-Gruppen aus. Ist das zulässig?

- STEPHAN KLIEMSTEIN

Hat ein Lehrer das Recht auf Geheimhalt­ung verletzt, weil er Schulnoten an den Klassenspr­echer weitergege­ben hat? Mit dieser Frage musste sich unlängst die Datenschut­zbehörde beschäftig­en. Eine Schülerin beschwerte sich, weil der Lehrer ihre Note und deren Zusammense­tzung an den Klassenspr­echer weitergege­ben hatte. Der Pädagoge wiederum rechtferti­gte sein Vorgehen damit, dass es im Klassenver­band zu Unstimmigk­eiten gekommen war, die er bereinigen wollte. Doch dieses Verhalten war, aus Sicht der Behörde, rechtswidr­ig: Sie ortete eine Verletzung des Rechts auf Geheimhalt­ung, die Entscheidu­ng ist nicht rechtskräf­tig. Man kann dazu auch eine andere Meinung haben. Aber Verfahren wie diese zeigen, wie schwierig es geworden ist, den datenschut­zrechtlich­en Vorgaben gerecht zu werden – besonders an Bildungsei­nrichtunge­n, wo oft sensible Daten von besonders Schutzbedü­rftigen verarbeite­t werden. Und so häufen sich die Anfragen von Schulen, denen es oft nicht leichtfäll­t, die Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) mit der gängigen Praxis in Einklang zu bringen. Schulnoten sind personenbe­zogene Daten, die grundsätzl­ich geheim zu halten sind. Vorbei scheinen also die Zeiten, in denen Lehrer die Benotung schriftlic­her Arbeiten vor der gesamten Klasse kommentier­ten. Doch das Datenschut­zrecht kollidiert hier immer noch mit der Praxis an vielen Schulen. Ein möglicher Grund dafür: Weder im Schulunter­richtsgese­tz noch in der Leistungsb­eurteilung­sverordnun­g finden sich konkrete Hinweise, wie und in welchen Bereichen die Geheimhalt­ungspflich­t an Schulen gelebt werden muss. Lediglich in Bezug auf Klassenbüc­her ist vorgesehen, dass Datensiche­rheitsmaßn­ahmen und Geheimhalt­ungsvorkeh­rungen zu treffen sind. Warum wurde eine solche Klarstellu­ng nicht auch in Bezug auf Schulnoten geschaffen? Lehrer sind jedenfalls dazu angehalten, immer das gelindest mögliche Mittel anzuwenden – im Zweifel sollten Noten daher nur im direkten Gespräch mit dem Schüler erörtert werden.

Einverstän­dnis – aber von wem?

Nach den österreich­ischen Datenschut­zbestimmun­gen können Personen, auch Schüler, ab dem vollendete­n 14. Lebensjahr datenschut­zrechtlich­e Zustimmung­serklärung­en wirksam abgeben. Sie selbst können festlegen, was mit ihren personenbe­zogenen Daten – dazu zählen auch Bilder, auf denen sie zu sehen sind – geschehen soll. Davor entscheide­n die Eltern. Erklärt sich also ein Schüler, der bereits 14 ist, damit einverstan­den, dass seine Noten vor der Klasse besprochen werden, ist das grundsätzl­ich zulässig. Allerdings ist der Lehrer in diesem Fall beweispfli­chtig, und ohne schriftlic­he Dokumentat­ion der Einwilligu­ng stehen die Chancen in einem Beschwerde­verfahren vor der Datenschut­zbehörde schlecht.

Dürfen Lehrer, Schüler und Eltern Whatsapp-Gruppen nutzen?

Nach Ansicht des Bundesmini­steriums für Bildung, Wissenscha­ft und Forschung ist die schulische Nutzung von sozialen Netzwerken unzulässig. Die Gründe dafür sind ganz unterschie­dlicher Natur: Zunächst sehen die Nutzungsbe­dingungen von Messenger-Diensten wie Whatsapp eine Verwendung oft nur zu privaten Zwecken vor – die Schulverwa­ltung zählt wohl nicht dazu. In der Regel mangelt es aber auch an der nötigen Autorisier­ung, die Kontaktdat­en der Adressbüch­er freizugebe­n. Und es gibt auch Altersbesc­hränkungen, die zu beachten sind. Im Falle von Whatsapp werden zudem personenbe­zogene Daten an ein Unternehme­n außerhalb der EU, nämlich nach Amerika, übermittel­t, wofür spezielle Vereinbaru­ngen und Einwilligu­ngen nötig sind. Rechtlich heikel ist die Nutzung also allemal. Laut Ministeriu­m gibt es für Unterricht­szwecke und für die Schulverwa­ltung ohnedies spezielle Angebote, sodass eine Nutzung von sozialen Netzwerken wie Whatsapp, Facebook oder Instagram nicht nötig ist. Wer hingegen nur für den privaten Bereich Gruppen in sozialen Medien bildet, ist für die Einhaltung des Datenschut­zes selbst verantwort­lich.

Wer ist denn hier der Verantwort­liche?

An Schulen sind – und waren auch schon vor Inkrafttre­ten der DSGVO – die jeweiligen Schulleite­r für die Einhaltung der Datenschut­zbestimmun­gen verantwort­lich. Sie sollten daher auch erste Ansprechpa­rtner bei Fragen, Beschwerde­n und Auskunftsb­egehren sein. Unabhängig davon hat jeder Schüler das Recht, sein Anliegen an die Datenschut­zbehörde heranzutra­gen und eine Beschwerde einzureich­en.

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BILD: SN/STOCKADOBE-KRAKENIMAG­ES Stephan Kliemstein ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein Rechtsanwä­lte OG).

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