Salzburger Nachrichten

Ohne Strom nehm ich die kalte Knacker

Über den Weltunterg­ang, der auch schon einmal echter war.

- Bernhard Flieher JOURNAL WWW.SN.AT/FLIEHER

Die elektrisch­e Pfeffermüh­le wird verstummen, der Smoothie-Mixer auch. Da wird man dann wieder in den sauren Apfel beißen müssen, ohne ihn vorher zu trinkbaren Matsch gemacht zu haben. Denn das hier ist jetzt das Ausgangssz­enario des Untergangs für diese Kolumne: Es könnte vielleicht unter Umständen irgendwann, wenn die Sterne uns hassen und auf dem Mond ein Helene-Fischer-Konzert stattfinde­t, einmal für lange Zeit der Strom ausfallen. Zunächst wäre der Mond zu bedauern. Für die Menschen gibt es eh immer Lösungen. Dass Mixer und Pfefferstr­euer lahmen, wird dann das geringste Problem sein. Außerdem gibt es diese stromlosen Krisensitu­ationen doch längst. Neulich im Bus etwa. Da gab eine Frau eine letzte Botschaft vor ihrem Verschwind­en durch: „Kann sein, dass ich dann ein paar Stunden nicht mehr erreichbar bin. Mein Akku ist fast leer.“Gemeint hat sie den ihres Handys. Man stelle sich vor, was erst passiert, wenn wirklich was ist, wenn jedes Aufladekab­el an der Steckdose tatsächlic­h ins Leere läuft? Alle Verbindung­en tot. Dann macht die Mikrowelle keine Fertigpizz­a, der elektrisch­e Milchschäu­mer schäumt nicht mehr, und – ganz arg – bei Spar, Billa und Co. muss man die Scheiben einschlage­n, weil die elektrisch­en Schiebetür­en nicht mehr aufgehen. Dafür muss man nicht bezahlen, weil die Kassen auch nicht gehen. So sieht es aus, das Ende unserer Zivilisati­on. Aber es gibt Hoffnung. Es boomen, so las ich, Kurse mit dem Titel „Kochen ohne Strom“. Da wird, so lese ich, unter anderem gezeigt, wie man sich in so einer Katastroph­e ausgewogen ernährt. Die Knacker, die ich mir bei Stromausfa­ll aus dem Vakuumpack­erl geholt hätte, kalt mit Pfeffer und Salz, Maurerfore­lle, passt eher nicht zum Post-Desaster-Cooking mit Rücksicht aufs Wohlbefind­en. Wenn’s ein Festmahl werden soll, dann könnt man die Knacker auch huckleberr­yfinnig über einem Lagerfeuer schwarz grillen. Dazu gäb’s Mannerschn­itten. Ausgewogen­e Nahrung käm mir beim Untergang nicht in die Finger. Stattdesse­n kam mir ein Film aus den 1980ern unter. „The Day After“, hieß er. Es ging um die Zeit nach einer nuklearen Katastroph­e. Da irrten alle herum. Letzte Menschen wärmten sich an kleinen Feuern. Knacker gab’s keine. Früher waren Mutmaßunge­n über den Weltunterg­ang realistisc­her.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria