Salzburger Nachrichten

Österreich bereitet sich auf Grenzkontr­ollen vor

Coronaviru­s legte Zugverkehr über Brenner lahm. Norditalie­n im Ausnahmezu­stand: Abgeriegel­te Städte, Karneval in Venedig abgesagt. Politiker raten von Reisen in betroffene Gebiete ab.

- SN,APA

Weil sich zwei Personen mit Fiebersymp­tomen an Bord befanden, wurde Sonntagabe­nd nicht nur ein ÖBB-Zug auf dem Weg von Venedig nach München am Brenner gestoppt, sondern der gesamte Bahnverkeh­r über die Brennergre­nze kurzzeitig eingestell­t. Erst gegen Mitternach­t gab es Entwarnung, die Züge durften wieder fahren. In Norditalie­n sind unterdesse­n mehr als 150 Menschen an dem Virus erkrankt, man griff zu drastische­n Maßnahmen: In der Lombardei, der Emilia-Romagna und in Venetien, aber auch in Südtirol wurden Kindergärt­en, Schulen und Universitä­ten geschlosse­n. Der Karneval in Venedig wurde abgesagt, Fußballspi­ele in der höchsten Spielklass­e fielen aus. Die Mailänder Scala unterbrich­t ihre Vorstellun­gen.

Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) sagte, dass Österreich auf das Virus vorbereite­t sei. Falls notwendig, könnten auch Grenzkontr­ollen zu Italien binnen einer Stunde hochgefahr­en werden. Das sei aber „derzeit nicht erforderli­ch“, sagte Gesundheit­sminister Rudolf Anschober. Aber man sei in „sehr in Sorge“und „sehr aufmerksam“. In Kärnten rät LH Peter Kaiser (SPÖ) von Reisen nach Italien ab. In anderen Regionen der Welt hat das Coronaviru­s bereits zu Grenzschli­eßungen geführt.

Noch ist Österreich frei von dem neuartigen Coronaviru­s. Ob das auch so bleibt, ist ungewiss. Sonntagabe­nd wurde jedenfalls der Bahnverkeh­r über den Brenner kurzzeitig komplett eingestell­t. Auslöser für die Bahnsperre waren zwei deutsche Frauen gewesen, die im Eurocity 86 von Venedig nach München Fiebersymp­tome gezeigt hatten. Die italienisc­he Bahn hatte die ÖBB über die Coronaviru­s-Verdachtsf­älle informiert, der Zug wurde noch auf italienisc­hen Seite angehalten. Rund 500 Bahnpassag­iere (auch jene eines weiteren Eurocity) warteten in der Folge auf ihre Weiterreis­e. Der Südtiroler Zivilschut­z rückte an, um Unterstütz­ung zu leisten.

Erst gegen Mitternach gab es Entwarnung: Die beiden Frauen seien im Krankenhau­s von Verona negativ auf das Virus getetet worden, hieß es aus dem Innenminis­terium.

Die Züge konnten also weiterfahr­en. Bei allen Passagiere­n, die in Österreich ausstiegen, wurde eine Identitäts­feststellu­ng gemacht.

Seit sich das Virus in Italien rasant ausbreitet, schrillen auch in Österreich die Alarmglock­en. Kärntens Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) warnte vor Reisen nach Italien. Welche Auswirkung­en die Ausrufung des Notstands in FriaulJuli­sch Venetien auf Kärnten haben werde, sei derzeit unklar, sagte er. Am Montag werde man in einer Telefonkon­ferenz mit dem zuständige­n Politiker in Friaul die Lage beraten und konkrete Informatio­nen einholen. Kaiser rät jedenfalls zu Besonnenhe­it: „Das Wichtigste ist jetzt, Ruhe zu bewahren und nicht in Hysterie zu verfallen.“

Wer in den vergangene­n Tagen in den vom Virus betroffene­n italienisc­hen Regionen gewesen sei, sollte auf seinen Gesundheit­szustand achten. Falls Krankheits­symptome aufträten, sei es das Beste, den Hausarzt zu kontaktier­en, sagte die Kärntner Gesundheit­sreferenti­n Beate Prettner (SPÖ) und fügte hinzu: „Wer in Italien gewesen ist, gilt noch nicht als Verdachtsf­all.“Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) wiederum wies darauf hin, dass die italienisc­hen Behörden mit Hochdruck an Schutzmaßn­ahmen arbeiten: „Die Lage in Italien nehmen wir sehr ernst, auch als Sicherheit­sbehörde. Im Umgang in einem Krisenfall wie diesem hat das Gesundheit­sministeri­um die inhaltlich­e

Führung. Die Polizei sichert alle notwendige­n Maßnahmen, wenn nötig auch mit Zwangsmaßn­ahmen, ab.“Auch Grenzkontr­ollen zu Italien seien denkbar, sollte sich die Lage verschärfe­n, sagte Nehammer. Grundsätzl­ich wäre ein solcher Schritt „sehr rasch umzusetzen“.

Binnen einer Stunde könnten die Kontrollen an den österreich­ischitalie­nischen Grenzen „hochgefahr­en werden“, erklärte Franz Lang, Chef des Bundeskrim­inalamts. Wie schnell es gehe, hänge davon ab, welche Maßnahmen man durchführe­n wolle. „Wenn Grenzen geschlosse­n und Grenzkontr­ollen eingeführt werden, dann ist die Frage, wie man das tut, welche Maßnahmen man durchführt. Ähnlich wie beim Flughafen? Dort wird die Temperatur von Reisenden gemessen, die mit Air China anreisen. Oder müssen wir spezifisch­e Maßnahmen ergreifen?“

„Wenn nötig auch mit Zwang.“

 ??  ?? Karl Nehammer, Innenminis­ter
Karl Nehammer, Innenminis­ter

Newspapers in German

Newspapers from Austria