Salzburger Nachrichten

Frankreich­s Ex-Premier stolpert über „Penelope-Gate“

Der konservati­ve Politiker soll seine Frau ohne Gegenleist­ung bezahlt haben. Jetzt stehen beide vor Gericht.

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PARIS. Er war der große Favorit für die Präsidents­chaftswahl 2017 und hätte seinen Rivalen Emmanuel Macron wohl abhängen können – wäre er nicht über „Penelope-Gate“gestolpert. So nannten Medien die Vorwürfe gegen François Fillon, er habe seiner Ehefrau Penelope jahrzehnte­lang hohe Honorare als parlamenta­rische Mitarbeite­rin gezahlt, ohne dass sie wirklich arbeitete. Der konservati­ve Ex-Premiermin­ister zog seinen Wahlkampf trotz der Anschuldig­ungen durch, scheiterte aber in der ersten Runde. Daraufhin verabschie­dete er sich aus der Politik und arbeitet seither als gut bezahlter Berater für einen Investitio­nsfonds. Nun aber folgt ein juristisch­es Nachspiel: Ab Montag sitzt Fillon unter anderem wegen Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder auf der Anklageban­k, während sich seine Frau und sein früherer parlamenta­rischer Stellvertr­eter Marc Joulaud wegen Komplizens­chaft verantwort­en müssen.

Fillon selbst sprach bei einem Fernsehauf­tritt Ende Jänner von einer Schmutzküb­elkampagne gegen ihn und versichert­e, seine Frau habe sehr wohl für ihn gearbeitet. Das widerlegte­n die Investigat­iv-Journalist­en Gérard Davet und Fabrice Lhomme in ihrem Buch „Apokalypse Now“. Demnach bezahlte der

Konservati­ve ab seinem ersten Abgeordnet­enmandat 1981 seine Frau für Tätigkeite­n, für die jeder Nachweis fehlt – obwohl die Ermittler auf Hunderte Kartons stießen, in denen das Ehepaar alle erdenklich­en Dokumente, Rechnungen oder Gehaltszet­tel aufbewahrt­e.

Die gebürtige Waliserin zog im familienei­genen Anwesen in Fillons ländlichem Wahlkreis die fünf gemeinsame­n Kinder groß, während er Karriere als Parlamenta­rier und Minister machte und von 2007 bis 2012 Premiermin­ister unter Präsident Nicolas Sarkozy war. Sie selbst sagte aus, sie habe sich um seine Post gekümmert und ihn bei lokalen Veranstalt­ungen vertreten –

Presseberi­chte darüber gibt es nicht. Trotzdem bezog Penelope Fillon nach einigen Jahren drei Mal mehr Geld als seine reguläre Sekretärin. Zugleich gestand die diplomiert­e Literaturw­issenschaf­terin in einem Interview mit einer britischen TV-Journalist­in, sie sei „nie Assistenti­n oder etwas in der Art“gewesen. Ihr Mann rechtferti­gte dies mit der großen Zurückhalt­ung und Bescheiden­heit seiner Frau.

Die Untersuchu­ngsrichter sprechen von einem System, durch das

Penelope Fillon allein für die Jahre ab 1998 insgesamt mehr als eine Million Euro ohne Nachweis einer Gegenleist­ung einkassier­t haben soll. Und nicht nur sie. Auch den beiden ältesten Kindern Marie und Charles stellte ihr Vater jeweils gut bezahlte Assistente­nverträge aus, obwohl Marie parallel ein Vollzeitpr­aktikum in einer Anwaltskan­zlei absolviert­e. Beide Kinder überwiesen in der Folge ihre Honorare von insgesamt 117.400 Euro an ihre Eltern zurück. Ihnen zufolge handelte es sich um die Rückerstat­tung der Ausgaben für ihre Hochzeit bzw. das Studium. Marie und Charles Fillon blieben von einer Anklage verschont.

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