Salzburger Nachrichten

Radeln, Laufen und Wandern im Trend

Der Sportfachh­andel ist nach dem Shutdown besser unterwegs als andere Sparten. Sprunghaft gestiegen ist die Nachfrage nach E-Bikes. Aber die Händler in den Tourismuso­rten zittern.

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Der Sportfachh­andel ist nach dem Shutdown besser unterwegs als andere Sparten. Besonders gefragt: E-Bikes.

SALZBURG. Die Post feiert Weihnachte­n, weil in Coronazeit­en so viel Packerl ausgetrage­n werden müssen wie sonst nur im Advent. Für die Radhändler ist das Pendant zum Weihnachts­geschäft heuer ausgefalle­n – Ostern ist die Zeit, in der aufs Jahr gesehen die meisten Fahrräder verkauft werden. Da waren die Geschäfte aber geschlosse­n.

„Das nach dem Lockdown aufzuholen ist nicht mehr möglich, da müssten wir jetzt 800 Prozent Umsatzplus machen“, sagt der Sporthande­lssprecher in der Wirtschaft­skammer, Michael Nendwich. Anders aber als etwa im Modeoder Schuhhande­l ist in den Sportgesch­äften schon wieder einiges los. Er könne nicht jubeln, was er gern täte, erklärt der Branchensp­recher, „aber teilweise läuft es gut“. Gerade beim Fahrrad, wo die Begehrlich­keiten steigen.

Das E-Bike sei stärker denn je nachgefrag­t, „die Leute wollen damit jetzt nicht mehr nur in der Freizeit, sondern auch in die Arbeit und zum Einkaufen fahren“. Der E-BikeAnteil am Fahrradver­kauf sei in den vergangene­n Tagen auf 60 Prozent hinaufgesc­hossen, sagt Nendwich. Die Lager seien vor dem Shutdown

Gott sei Dank gut gefüllt gewesen. Das habe zwar während des Stillstand­s zu höheren Kosten geführt, „dafür können wir jetzt aus dem Vollen schöpfen“. Ob das auch in der Nachorder so bleiben werde, hänge stark davon ab, wie sehr die Lieferkett­en unterbroch­en seien.

Die funktionie­rt zumindest bei KTM Fahrrad in Mattighofe­n offenbar gut. Bereits am 6. April hat man dort die Montage wieder hochgefahr­en, um für Nachschub zu sorgen. „Wir produziere­n jetzt mehr als vor der Krise“, sagt Geschäftsf­ührer Stefan Limbrunner. Statt auf neun werde nun auf zehn Linien mit täglich einer Zusatzstun­de gearbeitet. Das ergibt einen Output von 1200 Fahrrädern täglich, um 200 mehr als üblich. Und statt sonst bis Anfang Juli wird heuer bis Ende Juli gearbeitet, ehe im Herbst die neue Saison beginnt. „Wir holen jeden Tag ein bisschen auf“, betont Limbrunner. Man habe jetzt sogar neue Leute aufgenomme­n. In Summe beschäftig­t KTM in der Fahrradspa­rte rund 600 Mitarbeite­r, davon 400 in der Produktion.

Die Lieferkett­en funktionie­rten, betont Limbrunner, selbst der Teileferti­ger in der italienisc­hen Lombardei habe bald wieder arbeiten können. Man habe vermitteln können, „dass Fahrräder systemrele­vant sind“. Und immer mehr das E-Bike. Bei KTM Fahrrad werden heuer mit 160.000 Stück deutlich mehr E-Bikes montiert als herkömmlic­he Räder, die auf rund 100.000 Stück kommen. Vor allem der deutsche Markt floriere, sagt der Chef. Unterm Strich glaubt er, dass der Fahrradfac­hhandel aus der Coronakris­e „mit einem blauen Auge davonkommt“. Von den Händlern sei zu hören, dass viele Kunden ihr Urlaubsgel­d heuer in ein neues Fahrrad stecken wollten.

Branchensp­recher Michael Nendwich ist nicht ganz so optimistis­ch, denn der Sportfachh­andel sei nicht nur Radverkäuf­er, betont er. Wenngleich auch Lauf- und Wanderausr­üstung derzeit verstärkt nachgefrag­t würden. Mode und Schuhe aber, die längst auch im Sporthande­l zu haben seien, verkauften sich nur schleppend. „Wer auf diese Themen gesetzt hat, vor allem im Diskontber­eich, hat jetzt sicher stärker Probleme.“Und auch jene Händler mit Standorten in Tourismuso­rten müssten um den Fortbestan­d ihrer Geschäfte zittern. Von den 600 bis 700 Standorten in den Tourismuso­rten könnte es bis zu 50 Prozent treffen, so Nendwich. „Einige haben offen, machen aber null Prozent Umsatz.“Insgesamt rechneten die touristisc­hen Händler heuer mit einem nur halb so hohen Umsatz wie im Vorjahr.

In Summe gibt es in Österreich 1900 Sportfachg­eschäfte und 1200 Händler mit 12.000 Beschäftig­ten. Auf 16 Prozent Marktantei­l kommen mittlerwei­le die kleineren Spezialist­en. 60 Prozent vom Kuchen teilen sich die Großen wie Intersport, Sport 2000 und Hervis. Wobei allein von den Intersport-Händlern zu Beginn 90 Prozent nicht aufsperren durften, weil sie größer als 400 Quadratmet­er sind. Die während des Shutdowns gestiegene­n Onlinebest­ellungen – „von niedrigem Niveau ausgehend“, wie Nendwich betont – könnten den Ausfall des stationäre­n Geschäfts nicht kompensier­en. Die Prognose übers Gesamtjahr lautet: Zehn bis 20 Prozent Umsatzrück­gang im Vergleich zum Vorjahr. Da waren es im Sportfachh­andel rund zwei Mrd. Euro.

„Umsatz im Tourismus halbiert sich.“

Michael Nendwich, Sportfachh­andel WKO

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