Salzburger Nachrichten

Gefängnisa­rzt in Haft: Serie von Giftanschl­ägen dauerte elf Tage

Mediziner soll in die Mehlspeise­n seiner Kolleginne­n und Kollegen Benzodiaze­pin gegeben haben. Das Motiv ist bisher noch unklar. Anschläge mit Gift sind eher selten.

- Alf, ham

Benzodiaze­pin. Das ist der Wirkstoff, den ein Gefängnisa­rzt seinen Kollegen in einer niederöste­rreichisch­en Haftanstal­t in Mehlspeise­n gemischt haben soll. Das bekanntest­e Medikament, in dem der Wirkstoff verwendet wird, ist Valium. Nach dem Verzehr des Kuchens fühlten sich die Kolleginne­n und Kollegen jedenfalls „schlecht“. Schließlic­h schöpften sie Verdacht und schalteten die Polizei ein. Der Gefängnisa­rzt, der im Weinvierte­l arbeitet, wurde in Untersuchu­ngshaft genommen. Warum er die Mehlspeise­n vergiftet hat, ist immer noch unklar. Der Mann sitzt in der Justizanst­alt Korneuburg. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt wegen absichtlic­h schwerer Körperverl­etzung. Der Strafrahme­n beträgt bis zu zehn Jahre Haft. Klar ist inzwischen auch, dass der Arzt über einen längeren Zeitraum die Mehlspeise­n präpariert hat. Zumindest vom 8. bis zum 19. Mai soll der Mann Benzodiaze­pin in die Mehlspeise­n gemischt haben. Wobei Benzodiaze­pin, wenn es in Überdosen genommen wird, auch zu Atemlähmun­g und zum Tod führen kann.

Der Gefängnisa­rzt soll außerdem in einer Tiefgarage das Fahrzeug eines Kollegen beschädigt haben.

Giftanschl­äge sind in Österreich eher selten. Einer der aufsehener­regendsten war jener an Hannes Hirtzberge­r, Bürgermeis­ter von Spitz. Er war im Jahr 2008 mit einer Praline vergiftet worden, die Rattengift enthielt. Die Süßigkeit befand sich mit einem Schreiben auf dem Auto des Opfers. Hirtzberge­r aß die Praline am nächsten Tag, auf dem Weg in seine Rechtsanwa­ltskanzlei wurde ihm plötzlich übel. Bevor er das Bewusstsei­n verlor, konnte er Passanten noch mitteilen, er sei vergiftet worden. Seither ist er ein Pflegefall und liegt im Wachkoma.

Ein Heurigenwi­rt wurde wegen der Tat letztlich zu lebenslang­er Haft verurteilt. DNA-Spuren des Mannes wurde auf dem Billett sichergest­ellt. Er wurde auch von seinen Söhnen belastet. Hintergrun­d war offenbar, dass ihm die Umwidmung eines Weingarten­s in Bauland verweigert worden war.

In Deutschlan­d wurde im Vorjahr ein Mann verurteilt, der jahrelang giftige Blei- und Cadmiumver­bindungen auf die Jausenbrot­e seiner Kollegen gestreut hatte. Nach Überzeugun­g der Staatsanwa­ltschaft ging es ihm darum, seine Kollegen beim körperlich­en Verfall zu beobachten. Der Angeklagte hatte sich vor Gericht nicht zu den Taten geäußert. Er wurde im März 2019 zu lebenslang­er Haft verurteilt, das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig, da der Angeklagte Revision eingelegt hatte. Zehn Monate nach der Verurteilu­ng starb eines der Opfer heuer im Jänner. Der 26-Jährige lag davor jahrelang im Wachkoma.

Der spektakulä­rste Fall mit Giftmorden in Österreich liegt schon an die 40 Jahre zurück. In den 1980er-Jahren ermordeten vier Pflegerinn­en im Krankenhau­s Lainz 32 Patientinn­en und Patienten.

 ?? BILD: SN/GEORGES SCHNEIDER / PICTUREDES­K. ?? Hier sitzt der Arzt in Haft.
BILD: SN/GEORGES SCHNEIDER / PICTUREDES­K. Hier sitzt der Arzt in Haft.

Newspapers in German

Newspapers from Austria