Im Ausland werden die Anti-Corona-Apps zur Farce
Just in der aktuellen Phase könnten Apps besonders helfen. Wieso der digitale Kampf gegen Corona dennoch wenig bewirkt.
Eigentlich gehört die australische Anti-CoronaApp zu den erfolgreicheren ihrer Art. Die Anwendung gibt es bereits seit 26. April. Auch die Zahl der Nutzer kann sich sehen lassen. Rund sechs Millionen der 25 Millionen Australier sollen „COVIDSafe“heruntergeladen haben, also grob 24 Prozent der Bevölkerung. Zum Vergleich: In Österreich liegt die Verbreitung bei rund sieben Prozent. Und dennoch wird die App bereits als „Reinfall“abgekanzelt. Dem zugrunde liegt die Eins. Wie der britische „Guardian“berichtet, ist das nämlich die Zahl an Infizierten, die durch die Anwendung gewarnt werden konnten und nicht ohnehin schon den Behörden bekannt waren. Ein einziger Infizierter. Und das bei mehr als 7000 bestätigten Fällen. Apps, die Kontakte protokollieren und bei Krankheitsfall informieren, könnten just in der aktuellen Phase besonders nützlich sein. Denn während keine Anwendung den Ausbruch im März/April hätte einfangen können, könnten die digitalen Helfer nun vor der zweiten Welle schützen. Aber wieso zünden nahezu alle AntiCorona-Apps in der westlichen Welt dennoch nicht? Auch in Österreich liegt die Zahl der Downloads nach wie vor bei relativ mageren 600.000. Wie viele Infizierte per „Stopp Corona“-App gewarnt werden konnten, geben die Macher nicht bekannt. Aus Datenschutzgründen. Womit schon ein Problem angeschnitten wird: Während es den Behörden in weiten Teilen Asiens relativ leicht fällt, die Apps verpflichtend einzuführen, sind die freiheits- und datenschutzrechtlichen Hürden in Europa wesentlich schwerer zu nehmen. Und das ist auch gut so. Nur ein Beispiel: Amnesty International deckte auf, dass Daten der Anti-Corona-App in Katar frei im Netz abrufbar waren, darunter der Aufenthaltsort der Nutzer. Dennoch sind die Katarer verpflichtet, die Anwendung zu installieren. Wer ohne erwischt wird, dem drohen bis zu drei Jahre Haft.
Im Kern der Datenschutzdebatte steht die Frage, ob die Daten der Nutzer zentral oder auf den Geräten gespeichert werden. Variante eins wäre vielen Staaten lieber, etwa dem britischen. Doch das ist auch technologisch schwer umsetzbar, da die Variante von den Handy-Riesen Apple und Google nicht unterstützt wird.
Doch die Datenschutzdiskussion ist nur ein Grund, wieso die Apps nicht zünden. Dazu kommt ein psychologischer Effekt: Angesichts sinkender Infektionszahlen ist es schwer zu vermitteln, auf eine Anti-Corona-App zu setzen. Aber noch viel bedenklicher ist, dass in vielen Ländern politische wie wirtschaftliche Überlegungen den Prozess erschweren. In Deutschland startet die App auch deshalb erst im Juni, da man sie unbedingt von einem deutschen Konzern, SAP, entwickeln lassen wollte.
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