Spitzenbeamte wegen Großspenden angeklagt
Mittel aus dem Wiener Stadterweiterungsfonds wurden frei vergeben und nicht dokumentiert.
Am Wiener Landesgericht begann am Donnerstag der Prozess gegen die ehemaligen Entscheidungsträger des im Innenministerium angesiedelten Wiener Stadterweiterungsfonds. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) kreidet den vier Angeklagten – neben dem früheren Leiter des Beirats drei Sektionschefs des Innenministeriums – Untreue mit 1,1 Mill. Euro Schaden an.
Sie sollen das Fondsvermögen widmungswidrig für Spendentätigkeiten verwendet haben, wobei davon Institutionen – etwa die Erzdiözese Wien, die Israelitische Kultusgemeinde, das St.-Anna-Kinderspital und der Jubiläumsfonds der Gendarmerie – bzw. Personen profitierten, zu denen die Angeklagten einen beruflichen oder persönlichen Bezug hatten oder die ihnen sympathisch waren, wie Oberstaatsanwalt Stephan Schmidmayer darlegte. „Sie haben den Fondszweck brachial und ohne jegliche Logik so ausgelegt, wie sie wollten.“Die Angeklagten hätten sich zwar nicht persönlich bereichert, doch die Mittel des Fonds seien „öffentliches Vermögen, nicht das des Innenministeriums“.
Die Beschuldigten bekannten sich zum Vorwurf, ihnen anvertrautes Vermögen widmungswidrig verwendet zu haben, „nicht schuldig“. Sie hätten vielmehr „in vollkommenem Einklang mit der Satzung agiert“und mit Billigung des jeweiligen Ressortchefs „geradezu vorbildlich gehandelt“, bescheinigten ihnen ihre Rechtsvertreter. Bis zum 2. Juli sind in dem Verfahren noch fünf Verhandlungstage ausgeschrieben, die teilweise prominenten Zeugen wie Ex-Ministerin Maria Fekter (ÖVP) oder Kardinal Christoph Schönborn sind für kommende Woche geladen. Ein Verteidiger
bezeichnete den Stadterweiterungsfonds, der erst 2017 aufgelöst wurde, als längst obsolet. Dieser war 1854 von Kaiser Franz Joseph zur Errichtung der Ringstraße ins Leben gerufen worden. Die Verwendung der Mittel ist kaum dokumentiert. „Es war ein Freibrief, um nach allen Richtungen zu spenden“, hielt die Richterin fest. Die Spenden seien „nach Vorschlägen von Kuratoriumsmitgliedern“vergeben worden, wobei jeweils „ein gemeinschaftliches Brainstorming“stattgefunden habe, gab der langjährige Leiter in seiner Beschuldigteneinvernahme zu Protokoll.