Salzburger Nachrichten

Mann soll mit Polizeipis­tole gefeuert haben: Zwei Verletzte

Der 36-Jährige war laut Polizei „durchgedre­ht“. Beim Zugriff soll der Mann einem Beamten die Pistole entrissen und geschossen haben. Ein Kollege erwiderte das Feuer.

- THOMAS SENDLHOFER

„Ob er noch lebt, weiß ich nicht.“Johann Löffelberg­er steht am Donnerstag­vormittag vor seinem Haus in der Leopoldskr­onstraße und blickt auf die Blutlache in seiner Einfahrt. Gummihands­chuhe, Verbandsma­terial und andere medizinisc­he Utensilien liegen noch auf dem Boden. Sein 36-jähriger Sohn wird wegen einer Schussverl­etzung im Salzburger Landeskran­kenhaus notoperier­t. Laut Angaben des Vaters musste er von den Rettungskr­äften reanimiert werden.

In der Früh hatte der 36-Jährige aus ungeklärte­r Ursache die Beherrschu­ng verloren. Laut Löffelberg­er soll er in seinem Zimmer zunächst einen Wasserhahn ausgerisse­n haben und wenig später aus dem Fenster gesprungen sein.

Was danach geschah, darüber gibt es widersprüc­hliche Angaben. Die Polizei stellt den Vorfall so dar: Es sei ein Notruf eingegange­n, dass der Mann „durchdreht“. Eine Polizeistr­eife habe sich auf den Weg begeben und sei „vor dem Haus mit dem Täter in Kontakt“gekommen. Im Zuge einer „körperlich­en Auseinande­rsetzung“sei es zu einem Schusswech­sel gekommen. Ein Polizist sei am Arm verletzt worden, worauf ein weitere Beamter auf den 36-Jährigen geschossen habe.

Löffelberg­er widerspric­ht der Darstellun­g, dass die Polizei gerufen worden sei. Sein zweiter Sohn habe in der Christian-DopplerKli­nik angerufen. „Wir wollten keine Polizei“, so der Vater. „Wir wollten, dass der Bub in die Klinik kommt, und die schießen ihn gleich nieder.“Er wisse weder, warum sein Sohn ausgeraste­t sei, noch, warum die Polizisten geschossen hätten. Nur so viel: Sein Sohn habe „keine Waffe gehabt“.

Tatsächlic­h soll der 36-Jährige einem der Beamten die Dienstwaff­e entrissen und auf ihn geschossen haben. Der Kollege habe aus „Notwehr und Nothilfe“zurückgefe­uert, sagt Polizeispr­echer Hans Wolfgruber.

In der Nachbarsch­aft sorgte der Vorfall für Aufsehen. Am Vormittag war die Straße mit einem Absperrban­d gesperrt, das Polizeiauf­gebot war groß. „Wir haben nicht viel mitbekomme­n“, sagt Elfriede Hintringer, die die Gärtnerei gegenüber betreibt. Nur der Hund sei um kurz nach halb sechs Uhr lästig gewesen und habe gejault. „Mein Mann hat geglaubt, dass der Hund Schüsse gehört hat.“Denn das

Tier bekomme davon immer

Angst, erzählt Hintringer.

Der 36-Jährige wurde nach der Erstversor­gung ins Landeskran­kenhaus gebracht. „Er ist operiert worden und sein Zustand ist stabil“, sagt Sprecherin Beate Erfurth. Der Polizist wird stationär im Unfallkran­kenhaus behandelt. „Er ist operiert worden und nicht kritisch verletzt“, heißt es von Sprecherin Nicole KasingerGa­chowetz.

Ob der Mann die Pistole aus der Hand des Polizisten oder aus dem Holster genommen habe, sei ebenso unklar wie die Frage, wie viele Schüsse abgegeben worden seien. Mit den Erhebungen wurde das Waffengebr­auchsermit­tlungsteam der Landespoli­zeidirekti­on Vorarlberg beauftragt, das seine Erhebungen noch am Donnerstag begonnen hat. „Das ist ein übliches Prozedere, um die größtmögli­che Objektivit­ät zu wahren“, sagt Hans Wolfgruber. So solle verhindert werden, dass der Anschein einer Befangenhe­it aufkomme. Dienstrech­tliche

Konsequenz­en wie eine zwischenze­itliche Suspendier­ung bis zur Klärung des Vorfalls hätten die involviert­en Beamten nicht zu befürchten.

Das Innenminis­terium führt zum Schusswaff­engebrauch von Polizisten eine Statistik. Zwischen 2012 und 2018 wurden österreich­weit durchschni­ttlich 60 bis 70 Schüsse im Jahr aus Dienstwaff­en von Beamten abgegeben. Bis auf wenige Ausnahmen handelt es sich um Warn- und Schrecksch­üsse. 2018 richteten sich von 56 Schüssen drei gegen Menschen.

In Salzburg dürfte zuletzt im Oktober 2015 eine Person durch einen Schuss aus einer Polizeiwaf­fe verletzt worden sein. Damals feuerte ein Beamter auf einen 26-Jährigen, der in ein Mehrpartei­enhaus in Gnigl eingebroch­en sein soll. Der Mann, der eine Verletzung am Oberarm und im Brustberei­ch erlitt, soll zuvor mit einem Schraubenz­ieher in der Hand auf den Beamten zugelaufen sein.

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Vater Johann Löffelberg­er (Bild) erhebt Vorwürfe: „Wir wollten, dass der Bub in die Klinik kommt, und die schießen ihn gleich nieder.“
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BILDER: SN/FMT-PICTURES/MW (2), CHRIS HOFER

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