Mann soll mit Polizeipistole gefeuert haben: Zwei Verletzte
Der 36-Jährige war laut Polizei „durchgedreht“. Beim Zugriff soll der Mann einem Beamten die Pistole entrissen und geschossen haben. Ein Kollege erwiderte das Feuer.
„Ob er noch lebt, weiß ich nicht.“Johann Löffelberger steht am Donnerstagvormittag vor seinem Haus in der Leopoldskronstraße und blickt auf die Blutlache in seiner Einfahrt. Gummihandschuhe, Verbandsmaterial und andere medizinische Utensilien liegen noch auf dem Boden. Sein 36-jähriger Sohn wird wegen einer Schussverletzung im Salzburger Landeskrankenhaus notoperiert. Laut Angaben des Vaters musste er von den Rettungskräften reanimiert werden.
In der Früh hatte der 36-Jährige aus ungeklärter Ursache die Beherrschung verloren. Laut Löffelberger soll er in seinem Zimmer zunächst einen Wasserhahn ausgerissen haben und wenig später aus dem Fenster gesprungen sein.
Was danach geschah, darüber gibt es widersprüchliche Angaben. Die Polizei stellt den Vorfall so dar: Es sei ein Notruf eingegangen, dass der Mann „durchdreht“. Eine Polizeistreife habe sich auf den Weg begeben und sei „vor dem Haus mit dem Täter in Kontakt“gekommen. Im Zuge einer „körperlichen Auseinandersetzung“sei es zu einem Schusswechsel gekommen. Ein Polizist sei am Arm verletzt worden, worauf ein weitere Beamter auf den 36-Jährigen geschossen habe.
Löffelberger widerspricht der Darstellung, dass die Polizei gerufen worden sei. Sein zweiter Sohn habe in der Christian-DopplerKlinik angerufen. „Wir wollten keine Polizei“, so der Vater. „Wir wollten, dass der Bub in die Klinik kommt, und die schießen ihn gleich nieder.“Er wisse weder, warum sein Sohn ausgerastet sei, noch, warum die Polizisten geschossen hätten. Nur so viel: Sein Sohn habe „keine Waffe gehabt“.
Tatsächlich soll der 36-Jährige einem der Beamten die Dienstwaffe entrissen und auf ihn geschossen haben. Der Kollege habe aus „Notwehr und Nothilfe“zurückgefeuert, sagt Polizeisprecher Hans Wolfgruber.
In der Nachbarschaft sorgte der Vorfall für Aufsehen. Am Vormittag war die Straße mit einem Absperrband gesperrt, das Polizeiaufgebot war groß. „Wir haben nicht viel mitbekommen“, sagt Elfriede Hintringer, die die Gärtnerei gegenüber betreibt. Nur der Hund sei um kurz nach halb sechs Uhr lästig gewesen und habe gejault. „Mein Mann hat geglaubt, dass der Hund Schüsse gehört hat.“Denn das
Tier bekomme davon immer
Angst, erzählt Hintringer.
Der 36-Jährige wurde nach der Erstversorgung ins Landeskrankenhaus gebracht. „Er ist operiert worden und sein Zustand ist stabil“, sagt Sprecherin Beate Erfurth. Der Polizist wird stationär im Unfallkrankenhaus behandelt. „Er ist operiert worden und nicht kritisch verletzt“, heißt es von Sprecherin Nicole KasingerGachowetz.
Ob der Mann die Pistole aus der Hand des Polizisten oder aus dem Holster genommen habe, sei ebenso unklar wie die Frage, wie viele Schüsse abgegeben worden seien. Mit den Erhebungen wurde das Waffengebrauchsermittlungsteam der Landespolizeidirektion Vorarlberg beauftragt, das seine Erhebungen noch am Donnerstag begonnen hat. „Das ist ein übliches Prozedere, um die größtmögliche Objektivität zu wahren“, sagt Hans Wolfgruber. So solle verhindert werden, dass der Anschein einer Befangenheit aufkomme. Dienstrechtliche
Konsequenzen wie eine zwischenzeitliche Suspendierung bis zur Klärung des Vorfalls hätten die involvierten Beamten nicht zu befürchten.
Das Innenministerium führt zum Schusswaffengebrauch von Polizisten eine Statistik. Zwischen 2012 und 2018 wurden österreichweit durchschnittlich 60 bis 70 Schüsse im Jahr aus Dienstwaffen von Beamten abgegeben. Bis auf wenige Ausnahmen handelt es sich um Warn- und Schreckschüsse. 2018 richteten sich von 56 Schüssen drei gegen Menschen.
In Salzburg dürfte zuletzt im Oktober 2015 eine Person durch einen Schuss aus einer Polizeiwaffe verletzt worden sein. Damals feuerte ein Beamter auf einen 26-Jährigen, der in ein Mehrparteienhaus in Gnigl eingebrochen sein soll. Der Mann, der eine Verletzung am Oberarm und im Brustbereich erlitt, soll zuvor mit einem Schraubenzieher in der Hand auf den Beamten zugelaufen sein.