Wenn Restauratoren patzen
Warum dilettantische Übermalungen und gut gemeinte „Verschönerungsaktionen“jahrhundertealter Kunstgegenstände immer wieder für Aufregung sorgen. Auch in Österreich.
WIEN. Es ist ein Anblick, bei dem selbst Unkundige fassungslos den Kopf schütteln: In Spanien hat kürzlich ein Restaurator das Marienbildnis des Barockmalers Bartolomé Esteban Murillo trotz zweier Anläufe bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet. Dabei hatte der Sammler, dem das Bild gehört, dem Mann sogar noch 1200 Euro im Voraus bezahlt.
Der Fall erinnert an die völlig missglückte Restaurierung eines Jesus-Fresko in Borja bei Saragossa. 2012 hatte eine damals 81-Jährige eigenmächtig Hand angelegt und die Wandmalerei in einer Kapelle derart zerstört, dass sie selbst von Experten nicht mehr zu retten war. Immerhin machte das kleine Gotteshaus aus der Not eine Tugend: Das „Kunstwerk“ist mittlerweile eine Touristenattraktion, mit der sich Eintrittsgelder lukrieren lassen. 200.000 Menschen sollen das Dorf bereits besucht haben.
Überhaupt scheint Spanien ein Zentrum für selbst ernannte Restauratoren zu sein: 2018 nahm eine Frau Heiligenfiguren aus dem 15. Jahrhundert aus der Kirche mit nach Hause – weil sie aus ihrer Sicht so unansehnlich waren. Sie übermalte die alten Holzfiguren und verwendete dafür sogar Lippenstift und Eyeliner. Im selben Jahr engagierte eine Kirchengemeinde in Navarra einen „Spezialisten“. Dieser verwandelte eine jahrhundertealte Figur des heiligen Georg in eine „Disney-Figur“, wie das Werk nach der eigenwilligen Behandlung nur noch bezeichnet wird.
Derart „stümperhafte Arbeiten“seien ihr aus Österreich nicht bekannt, sagt Anke Schäning von der Akademie der bildenden Künste in Wien. Dass so etwas überhaupt vorkommen kann, überrascht die Restauratorin und Konservatorin allerdings nicht: „Eine akademische Ausbildung ist bei uns nicht verpflichtend. Im Grunde kann sich jeder ,Restaurator‘ auf das Türschild schreiben.“In Österreich gibt es rund 300 Restauratoren/Konservatoren, nur eine Handvoll wird jährlich zum Studium zugelassen. Warum ein Kunstsammler bei der Auswahl eines Restaurators derart danebengreift wie nun bei dem Barockgemälde in Spanien, ist Schäning schleierhaft. „Normalerweise informiert man sich vorher, schaut sich die Referenzen an.“Seine Kunstgegenstände blindlings einem Unbekannten anzuvertrauen zeuge deshalb von nicht allzu großem Fachverständnis.
Doch auch in Österreich komme es immer wieder zu Verschandelungen, wenngleich diese meist nur für Experten sichtbar seien. Darum spricht sich der Restauratorenverband schon seit Jahren für eine Regulierung des vergleichsweise jungen Berufsstands aus. „Die Restaurierung war jahrhundertelang geprägt von Übermalung. Erst im 20. Jahrhundert hat sich das sukzessive professionalisiert“, sagt Schäning.
Eine gesetzliche Verankerung ist nicht in Sicht. Das Bundesdenkmalamt leistet seit Jahren Aufklärungsarbeit und wünscht sich ebenfalls gesetzliche Regelungen. „Es ist eine Herausforderung, dass der Berufsbegriff Restaurator in keiner Weise formell definiert ist“, betont Fachdirektor Bernd Euler-Rolle. „Wir erleben es auch ab und zu, dass es ein Privater oder eine Pfarre als Ziel sieht, ein Bild oder eine Skulptur aufzufrischen – und dann Ausführende anspricht, die das im Rahmen einer Übermalung und Überfassung durchführen.“Darum sei der Spruch „Etwas erstrahlt in neuem Glanz“bei Denkmalschützern überaus unbeliebt. „Da sträuben sich bei uns die Nackenhaare“, sagt Euler-Rolle. Dennoch: Das allgemeine Niveau habe sich in den vergangenen 20 Jahren sehr gebessert.