Das Virus lehrt uns Respekt vor Mensch und Tier
Es war kein Geheimnis, wie es beim deutschen Großschlachter Tönnies zuging. Das räumt selbst der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU), ein. Arbeiter aus Osteuropa zerlegten Schlachtvieh im Akkord, schufteten ohne reguläre Anstellung auf Werkvertragsbasis, lebten auf engstem Raum. Alles, damit der Fleischpreis niedrig und der Profit möglichst hoch bleibt.
Zum Thema wurde das erst, als sich mehr als 1500 TönniesArbeiter mit dem Coronavirus ansteckten und deswegen 640.000 unbeteiligte Menschen zurück in den Lockdown mussten. Der Firmenbesitzer wurde über Nacht vom Ehrenmann zum Buhmann einer ganzen Nation. Er ist nicht der Einzige. Aus einer Dönerproduktion in Duisburg wurden am Freitag ebenfalls 80 Infizierte gemeldet.
Überall dort, wo sich Menschen untereinander sowie Mensch und Tier auf ungute Weise sehr nahe kommen, findet das Virus beste Bedingungen vor. Das ist in Betrieben wie Tönnies der Fall. Oder auf dem Fisch- und Wildtiermarkt in Wuhan, wo die Pandemie wahrscheinlich ihren Ausgang genommen hat.
Beide Orte stehen für ein System, in dem das Recht des Stärkeren herrscht und Ausbeutung – egal ob es sich um menschliche Arbeitskraft oder um tierisches Leben handelt – toleriert wird. Beide Male geht es darum, dass es sich die einen auf Kosten der anderen im Übermaß, oft sogar ohne Maß, gut gehen lassen.
Teilen unserer Konsumgesellschaft ist der Respekt vor Mensch und Tier verloren gegangen. Das Virus zwingt dazu, zu fragen, wie viel Tönnies in unserem Leben steckt. Und es zu ändern.