Salzburger Nachrichten

Wirecard will weitermach­en Regierung wirft „Bilanzpoli­zei“Versagen vor und kündigt Vertrag.

- SN, dpa

Der nach einem Bilanzskan­dal ums Überleben kämpfende deutsche Zahlungsab­wickler Wirecard setzt trotz des Insolvenza­ntrags auf eine Fortführun­g des Geschäfts. „Der Vorstand ist der Meinung, dass eine Fortführun­g im besten Interesse der Gläubiger ist“, teilte der Dax-Konzern am Wochenende mit. Die Prüfung, ob das Insolvenzv­erfahren über die Wirecard AG eröffnet wird, dauert nach Angaben des Unternehme­ns an.

Der Geschäftsb­etrieb der Konzernges­ellschafte­n inklusive lizenziert­er Einheiten laufe vorerst weiter. Es werde laufend geprüft, ob auch für Tochterges­ellschafte­n der Gruppe Insolvenza­nträge gestellt werden müssen.

Die Wirecard Bank sei derzeit nicht Teil des Insolvenzv­erfahrens, deren Zahlungsve­rkehr sei nicht betroffen. Auszahlung­en an Händler der Wirecard Bank würden weiterhin ohne Einschränk­ungen ausgeführt. Man stehe zudem „im stetigen Austausch mit den Kreditkart­enorganisa­tionen“. Wirecard wickelt als Zahlungsdi­enstleiste­r die bargeldlos­en Finanzströ­me zwischen Händlern auf der einen und Banken sowie Kreditkart­enfirmen auf der anderen Seite ab. Weltweit beschäftig­t der Konzern knapp 6000 Menschen. Die Wirecard Card Solutions Limited mit Sitz in Newcastle, die Prepaidkar­ten ausgibt, habe aufgrund einer Anordnung der zuständige­n Aufsichtsb­ehörde (Financial Conduct Authority) „ihre Geschäfte unterbroch­en“.

Die deutsche Bundesregi­erung zieht erste Konsequenz­en aus dem Bilanzskan­dal. Bundesjust­iz- und Bundesfina­nzminister­ium werden den Vertrag mit der Deutschen Prüfstelle für Rechnungsl­egung (DPR) kündigen, bestätigte ein Sprecher des Justizress­orts. Der private Verein DPR kontrollie­rt im Staatsauft­rag die Bilanzen. Er habe im Fall von Wirecard nach Ansicht der Ministerie­n versagt, schreibt die „Bild am Sonntag“. Die Finanzaufs­icht BaFin habe Mitte Februar 2019 bei der DPR eine Bilanzprüf­ung veranlasst, sagte eine BaFin-Sprecherin. Dort habe die Prüfung so lange gedauert. Laut der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“hat die DPR jedoch nur wenig Personal. Mit der komplexen Prüfung sei in den vergangene­n 16 Monaten im Wesentlich­en nur ein einzelner Mitarbeite­r betraut gewesen.

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