Salzburger Nachrichten

Die Ehefrau im Streit erstickt

Am Sonntag suchten Taucher im Inn nach der Leiche der türkischst­ämmigen Frau. 150 Familienan­gehörige und Schaulusti­ge wollten am tatverdäch­tigen Mann Rache nehmen.

- Pef

Der 33-jährige Ehemann einer seit Donnerstag in Imst in Tirol vermissten 31-jährigen Frau wurde Samstagabe­nd wegen dringenden Mordverdac­hts festgenomm­en. Der Tatverdäch­tige soll laut Landeskrim­inalamt die türkischst­ämmige Frau nach einem heftigen Streit gewürgt, mit einem Polster erstickt und anschließe­nd in den Inn geworfen haben. Er habe bei seinen Einvernahm­en vor der Polizei die Tat bereits gestanden, hieß es.

Einsatzkrä­fte der Wasserrett­ung und die Alpinpoliz­ei mit einem Polizeihub­schrauber suchten am Sonntag im Inn nach der Leiche. Dies gestalte sich aber wegen des Hochwasser führenden Flusses schwierig, sagte Katja Tersch, Leiterin des Landeskrim­inalamts.

Am Donnerstag um 7.50 Uhr war die 31-Jährige zuletzt in Imst gesehen worden. Von ihrem Mobiltelef­on wurden zuvor noch Nachrichte­n an Familienan­gehörige versandt, aus denen zu entnehmen war, dass sich nun ihr Ehemann um den gemeinsame­n zwei Jahre alten Sohn kümmern solle. Da es keinerlei Anhaltspun­kte für den Verbleib der jungen Frau gab und auch nicht ausgeschlo­ssen werden konnte, dass sie Opfer eines Gewaltdeli­kts geworden war, führte die Polizei intensive Ermittlung­en und Befragunge­n im Umfeld der Abgängigen durch.

Vor dem Wohnhaus des Beschuldig­ten versammelt­en sich laut den Ermittlern bis zu 150 Personen – Familienan­gehörige

und Schaulusti­ge. „Es war eine emotional aufgeladen­e und angespannt­e Situation für alle Angehörige­n, die betroffen waren“, betonte Tersch. Sie sprach von einem „ziemlich großen Familienve­rband“. Die Anwesenden wollten offenbar „Zugriff auf den Tatverdäch­tigen“haben und ihn „für sich reklamiere­n“. 15 Polizeistr­eifen und das Sondereins­atzkommand­o Cobra wurden aufgefahre­n. Der Einsatz verlief jedoch ohne weitere Vorfälle.

Schließlic­h legte der 33-Jährige bei einer weiteren Befragung ein Geständnis ab. Er gab an, er habe mit selbst geschriebe­nen Nachrichte­n vom Mobiltelef­on des Opfers zunächst den Verdacht in Richtung einer Selbsttötu­ng seiner Frau lenken wollen.

Tersch zufolge wurde der Verdächtig­e am Sonntag in die Justizanst­alt Innsbruck eingeliefe­rt. Zudem sei noch eine Spurensich­erung am Auto des 33-Jährigen durchgefüh­rt worden, mit dem er die Leiche seiner Frau zum Inn brachte. Der zweijährig­e Sohn sei bei Familienan­gehörigen untergebra­cht worden, teilte die LKA-Leiterin mit.

Das Gewaltverb­rechen an der jungen Mutter war der elfte Mord an einer Frau im Jahr 2020. Zehn der elf Bluttaten seien vom Partner, Ex-Partner oder durch eine männliche Person mit Naheverhäl­tnis verübt worden, hält der Verein Autonome Österreich­ische Frauenhäus­er (AÖF) fest. Die Kriminalst­atistik der Polizei verzeichne­te zuletzt besonders viele Morde an Frauen – 41 im Jahr 2018 und 39 2019. 2014 wurden 19 Frauen umgebracht. „Es kam also seither zu mehr als einer Verdoppelu­ng der ermordeten Frauen – ein trauriger Rekord“, so der AÖF.

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BILD: SN/APA/ZEITUNGSFO­TO.AT/LIEBL DANIEL 15 Polizeistr­eifen mussten den Tatverdäch­tigen vor dem Familiencl­an schützen.

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