Die Schweiz zeigt: Härte gegen Raser senkt die Todeszahlen
Wer in der Schweiz mit 71 Stundenkilometern durch das Ortsgebiet fährt, verliert seinen Führerschein für vier Monate. In Salzburg kann man 95 km/h fahren, ohne seinen Schein abgeben zu müssen.
SALZBURG. „Es gibt nichts, was mir den Verlust meiner Tochter Kati erleichtern könnte“, sagt Sabine Peterbauer nach dem Gespräch bei Verkehrslandesrat Stefan Schnöll. Dennoch freut sie sich, auf ein offenes Ohr gestoßen zu sein. „Er setzt sich ein und er hat die Möglichkeit, etwas zu verändern“, sagt sie. Das, was sie erleben muss, soll anderen Familien möglichst erspart werden. „Wenn ich mir noch etwas wünschen darf, dann wäre das ein gemeinsames Gespräch mit allen Landtagsparteien. Damit alle an einem Strang ziehen – das wäre ein wirklich starkes Signal nach Wien“, sagt Sabine Peterbauer.
Dort braucht es die Bundesregierung für ein strengeres Vorgehen gegen Raser. Das Thema steht – mit dem Wunsch nach einer längeren Führerscheinentzugsdauer und Veränderungen beim Vormerksystem – im September auf dem Programm der Landesverkehrsreferentenkonferenz. Das Ziel sind weniger Verkehrstote.
Ein Blick in die Schweiz zeigt: Strengere Strafen funktionieren – in Kombination mit anderen Maßnahmen. Die Schweiz verzeichnete im Vorjahr 23 Verkehrstote pro eine Million Einwohner. In Österreich waren es 47. „Wenn Sie in der Schweiz mit 71 Stundenkilometern durch das Ortsgebiet fahren, verlieren Sie Ihren Führerschein für vier Monate – und Sie zahlen mehrere Tausend Euro Strafe“, erklärt Klaus Robatsch vom Kuratorium für Verkehrssicherheit. In Salzburg ist der Führerschein erst ab 96 Stundenkilometern im Ortsgebiet und 156 Stundenkilometern auf Freilandstraßen weg – für zwei Wochen. Immerhin: Wer in Österreich mehr als 70 Stundenkilometer zu schnell unterwegs ist, gibt den Schein sechs Wochen lang ab und zahlt in Salzburg seit der Verschärfung der Strafen heuer 1200 Euro Strafe. Den Strafrahmen von 2180 Euro will Schnöll erhöhen, damit Erststrafen teurer werden.
Mit einer Strafe von 300 Euro und ohne Vormerkung kommt man in Salzburg hingegen davon, wenn man mit 95 Stundenkilometern durchs Ortsgebiet rast. Zudem gibt es in Österreich eine Toleranzgrenze für Strafen. Salzburg hat diese 2015 von zehn auf fünf Stundenkilometer reduziert. In der Schweiz gibt es diese Toleranz nicht.
Noch etwas unterscheidet uns von unseren westlichen Nachbarn: Auf Freilandstraßen – wo österreichweit 60 Prozent der 199 tödlich verunglückten Pkw-Insassen starben – gilt in der Schweiz ein Tempolimit von 80 Stundenkilometern. Das ist auch in Ländern wie Dänemark und Norwegen so. In Schweden liegt das Tempolimit bei 70 Stundenkilometern. Was diese Länder auszeichnet: Sie alle verzeichneten 2018 weniger als 30 Verkehrstote pro eine Million Einwohner.
Jeder vierte Unfall ist auf überhöhtes Tempo zurückzuführen. „Während der letzten drei Monate in der Coronazeit war nicht angepasste Geschwindigkeit sogar zu 40 Prozent die Unfallursache“, sagt Experte Robatsch. Österreich liege im internationalen Vergleich zwar im Bereich der Geschwindigkeitsüberwachungen vorn, bei den Strafhöhen aber hinten. Und: Mit einer Reduktion der mittleren Geschwindigkeit um fünf Prozent ließen sich zehn Prozent der Verkehrsunfälle und knapp 20 Prozent der Verkehrstoten vermeiden.
„Europaweit sind wir bei der Überwachung vorn, nicht bei der Strafhöhe.“