Salzburger Nachrichten

Trumps Truppenabz­ug aus Deutschlan­d steht auf der Kippe

Einflussre­iche Mitglieder des US-Kongresses wollen mit einem Gesetzeskn­iff den Abzug der US-Soldaten verhindern.

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Der unscheinba­re Änderungsa­ntrag ist im offizielle­n Schriftsat­z gerade einmal zwei Spalten lang. Doch das vom früheren republikan­ischen Präsidents­chaftskand­idaten Mitt Romney eingebrach­te und von fünf weiteren führenden Senatoren unterstütz­te Papier birgt politische­n Sprengstof­f: Es könnte den von Präsident Donald Trump angekündig­ten Abzug der US-Truppen in Deutschlan­d blockieren.

Eine Woche nachdem Trump beim Besuch des polnischen Präsidente­n Andrzej Duda über den angebliche­n „gewaltigen Zahlungsrü­ckstand“Deutschlan­ds bei der NATO wetterte und gleichsam als Strafe den Abzug von 9500 der 34.500 US-Soldaten ankündigte, steht das Vorhaben angesichts des massiven überpartei­lichen Widerstand­s im Kongress auf der Kippe.

Als Oberbefehl­shaber kann Trump zwar die Truppenbew­egung anordnen. Die dafür erforderli­chen Mittel muss aber das Parlament genehmigen. Genau das wollen einflussre­iche Demokraten und Republikan­er nun verhindern. Trumps Ankündigun­g, Tausende Soldaten bis Ende September aus Deutschlan­d abzuziehen, sei schon jetzt „total unrealisti­sch“, erklärt Mac Thornberry, der führende Republikan­er im Verteidigu­ngsausschu­ss des Repräsenta­ntenhauses.

Als Hebel zur Verhinderu­ng des Truppenabz­ugs wollen die Parlamenta­rier den National Defense Authorizat­ion Act nutzen, ein Hunderte

Seiten dickes Gesetz, mit dem 740 Milliarden Dollar Militäraus­gaben freigegebe­n werden.

Bei den Beratungen des diesjährig­en Gesetzes in den nächsten Tagen im Senat wollen die republikan­ischen Senatoren Mitt Romney, Lindsey Graham und Marco Rubio sowie ihre demokratis­chen Kollegen Chris Coons, Tim Kaine und Jeanne Shaheen nun eine Klausel einfügen, die de facto die Verwendung von Haushaltsm­itteln für die Truppenred­uzierung blockiert.

Der Änderungsa­ntrag fordert, dass Gelder aus dem Verteidigu­ngshaushal­t erst ausgegeben werden dürfen, wenn das Verteidigu­ngsministe­rium nachgewies­en hat, dass durch den Abzug der Soldaten weder die USA, noch die NATO noch ihre europäisch­en Partner geschwächt und die Operatione­n des US-Militärs im Mittleren Osten und in Afrika nicht negativ beeinfluss­t werden. All dies ist nach Meinung der Kritiker nicht erfüllt. Auch die in dem Antrag ausdrückli­ch geforderte Abstimmung mit Deutschlan­d hat nicht stattgefun­den.

Nach Einschätzu­ng amerikanis­cher Beobachter spüren die Gegner des Truppenabz­ugs politisch derzeit Rückenwind durch Trumps Probleme in Afghanista­n, wo der Präsident die US-Truppen bis zum nächsten Frühjahr komplett abziehen will. Trump hat nach US-Medienberi­chten Geheimdien­stberichte ignoriert, denenzufol­ge Russland militanten Islamisten Kopfprämie­n für die Tötung amerikanis­cher Soldaten geboten haben soll. Trump behauptet, die Informatio­nen nicht zu kennen. Wie die „New York Times“nun berichtet, befanden sich die Warnungen in schriftlic­hen Briefing-Unterlagen, die der Präsident im Februar erhielt.

Politiker beider Parteien sind über die Enthüllung­en empört. „In der Öffentlich­keit wütet der Präsident über die unzureiche­nden Verteidigu­ngsausgabe­n von Südkorea und Deutschlan­d“, monierte Michael Gerson, Ex-Redenschre­iber von Präsident George W. Bush, in der „Washington Post“: „Aber er bleibt ruhig, wenn Russland für den Mord an Amerikaner­n bezahlt, die den Frieden verteidige­n.“

Afghanista­n-Affäre stärkt den Widerstand

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