Schulden springen auf neuen Rekordstand
Der Kampf gegen das Coronavirus macht alle Budgetpläne zu Makulatur und treibt die Schulden EU-weit auf neue Höhen.
Prognose hinreißen lassen. „Deutlichere Auswirkungen der Coronakrise auf den Schuldenstand sind für die Folgequartale zu erwarten“, heißt es in den am Montag veröffentlichten Daten.
Damit liegt auf der Hand, dass die Staatsverschuldung Österreichs heuer einen neuen Rekordwert erreichen wird. Den bisherigen historischen Höchststand weist das Jahr 2016 mit 296,26 Milliarden Euro auf, das entsprach 82,9 Prozent des damaligen BIP.
Für das Jahr 2020 hatte Österreich im Mai einen Anstieg der Schuldenquote auf knapp 79 Prozent vorhergesagt. Doch auf Basis der neu beschlossenen Maßnahmen mussten die Experten diese Prognose noch einmal deutlich anheben. Budgetexpertin Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) sieht den Schuldenstand heuer „in den oberen 80ern“, also knapp unter 90 Prozent. Das ist der aktuelle Stand per Ende Juni – und noch keineswegs eine endgültige Zahl. Ein europaweiter Vergleich aller EU-Länder der EU-Kommission sieht Österreich damit im guten Mittelfeld der EU-Länder. Die Aufstellung stammt vom Mai dieses Jahres und operiert auf der damals aktuellen Zahlenbasis, die mittlerweile in manchen Ländern nach oben revidiert wurde. Demnach liegt Österreich im laufenden Jahr 2020 mit 78,8 Prozent klar unter dem EUDurchschnitt von 95,1 Prozent und noch deutlicher unter dem Mittelwert der Euroländer (102,7 Prozent).
Es zeigt sich, dass die Coronakrise heuer in allen EU-Ländern die Schulden explodieren lässt, während für das nächste Jahr meist eine leichte Entlastung zu erwarten ist. In Österreich soll die Schuldenquote 2021 leicht auf 75,8 Prozent absinken, im EU-Schnitt auf 92 Prozent. Von der Schuldenexplosion am stärksten betroffen sind jene Länder, die schon vor der Pandemie mit einer drückenden Schuldenlast zu kämpfen hatten. Allen voran Griechenland, wo Corona die Schuldenquote von 176,6 (2019) auf heuer 196,4 Prozent treiben dürfte, gefolgt von Italien (von 134,8 auf 158,9 Prozent) und Portugal (von 117,7 auf 131,6 Prozent).
Das ist weit entfernt von der Maastrichtquote, die einen Schuldenstand von maximal 60 Prozent des BIP vorschreibt. Elf EU-Länder bleiben sogar inklusive Coronaeffekt deutlich unter dieser Latte, zeigen die Berechnungen der EU-Kommission. Am besten davon kommt Estland, wo die Schuldenquote selbst nach einer vorhergesagten
Verdopplung erst bei 20,7 Prozent des BIP liegen sollte. Auf ähnlich tiefen Niveaus bewegen sich Luxemburg (26,4) und Bulgarien (25,5 Prozent), während Deutschland mit für 2020 erwarteten 75,6 Prozent knapp hinter Österreich liegt.
Die Priorität für sinkende Schulden ist krisenbedingt außer Kraft gesetzt. „In der aktuellen Situation müssen wir die Möglichkeit der Verschuldung nutzen, um helfen zu können“, sagt Finanzminister Gernot Blümel. Längerfristig will er aber wieder „runterkommen vom Schuldenberg“, am besten durch Wirtschaftswachstum und eine solide Haushaltspolitik.
Dass das machbar ist, davon ist Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller überzeugt. „Wir haben nach der Finanzkrise 2008 gesehen, dass man relativ rasch von hohen Schuldenquoten runterkommen kann.“Wesentlich dafür seien Investitionen, die Wachstum ankurbelten. Das sei in den Regierungsplänen „in Ansätzen durchaus erkennbar“.
„Die Schulden werden weiter steigen.“