Salzburger Nachrichten

Nicht alle Fluglinien sind es wert, gerettet zu werden

2020 ist coronabedi­ngt das schlimmste Jahr der Luftfahrtg­eschichte. Die Krise wird mit Staatshilf­e länger dauern, als ohnehin zu befürchten war.

- Monika Graf MONIKA.GRAF@SN.AT

Die Coronapand­emie hat sich dramatisch auf die Luftfahrt ausgewirkt. Auf dem Höhepunkt des Shutdowns waren weltweit 95 Prozent der Flüge gestrichen. Mittlerwei­le wird wieder geflogen, aber der Flugverkeh­r ist weit von dem entfernt, was in den vergangene­n Sommern normal war. Und wie es im Herbst weitergeht, ist unklar. Der internatio­nale Luftfahrtv­erband IATA geht davon aus, dass Passagierz­ahlen und Umsätze heuer bestenfall­s die Hälfte des Vorjahres erreichen und die Airlines Milliarden­verluste machen werden. Reisebesch­ränkungen, Landestopp­s und die generelle Unsicherhe­it verbieten oder verleiden vielen Menschen das Fliegen.

In dieser Situation, in die die Flugbranch­e so unverschul­det geraten ist wie die Welt insgesamt, ist es nachvollzi­ehbar, dass der Staat helfend eingreift. Hunderttau­sende Jobs hängen an der Branche. Allein die Lufthansa-Gruppe wurde inklusive der jeweiligen Staatshilf­en für ihre Töchter AUA, Brussels Airlines und Swiss mit mehr als elf Milliarden Euro gestützt. Weltweit erreichen die Rettungspa­kete aus Zuschüssen und/oder staatlich garantiert­en Krediten für die großen, einst staatseige­nen Fluglinien an die hundert Milliarden.

Die (Steuer-)Geldflut droht allerdings, gerade in Europa, nur das Unausweich­liche zu verzögern. Die

Flugbranch­e wird Jahre brauchen, um auf das Vorkrisenn­iveau zurückzuke­hren, vielleicht Jahrzehnte. Mitarbeite­r mit staatliche­r Unterstütz­ung dauerhaft kurzarbeit­en zu lassen, wie das die AUA bis 2023 plant, ist unsinnig – und unfair all jenen gegenüber, die mangels Staatshilf­e den Job verlieren.

Wie die Geldflut überhaupt den Markt verzerrt. Billigflie­ger wie Ryanair oder Wizz Air haben Corona bisher ohne freundlich­e Unterstütz­ung vom Steuerzahl­er überstande­n, Mitarbeite­r gekündigt oder ihre meist ohnehin nicht üppigen Gehälter weiter gekürzt. Das ist nicht erfreulich, aber offenbar überlebens­notwendig, wenn nicht der Staat einspringt.

Die Corona-Geldflut hat einen weiteren zweifelhaf­ten Effekt. Seit Jahren werden die Überkapazi­täten in der Luftfahrt diskutiert und kritisiert. Doch statt unprofitab­le Fluglinien sterben zu lassen, werden im Windschatt­en der Krise auch Zombies wie die Alitalia wiederbele­bt. Seit 2002 hat der einstige und jetzt wieder italienisc­he Staatscarr­ier keinen Gewinn gemacht. Mit Milliarden aus Rom, die indirekt aus Berlin, Wien & Co. kommen, kann die subvention­ierte Alitalia nun der ebenfalls subvention­ierten Lufthansa munter Konkurrenz machen.

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