Nicht alle Fluglinien sind es wert, gerettet zu werden
2020 ist coronabedingt das schlimmste Jahr der Luftfahrtgeschichte. Die Krise wird mit Staatshilfe länger dauern, als ohnehin zu befürchten war.
Die Coronapandemie hat sich dramatisch auf die Luftfahrt ausgewirkt. Auf dem Höhepunkt des Shutdowns waren weltweit 95 Prozent der Flüge gestrichen. Mittlerweile wird wieder geflogen, aber der Flugverkehr ist weit von dem entfernt, was in den vergangenen Sommern normal war. Und wie es im Herbst weitergeht, ist unklar. Der internationale Luftfahrtverband IATA geht davon aus, dass Passagierzahlen und Umsätze heuer bestenfalls die Hälfte des Vorjahres erreichen und die Airlines Milliardenverluste machen werden. Reisebeschränkungen, Landestopps und die generelle Unsicherheit verbieten oder verleiden vielen Menschen das Fliegen.
In dieser Situation, in die die Flugbranche so unverschuldet geraten ist wie die Welt insgesamt, ist es nachvollziehbar, dass der Staat helfend eingreift. Hunderttausende Jobs hängen an der Branche. Allein die Lufthansa-Gruppe wurde inklusive der jeweiligen Staatshilfen für ihre Töchter AUA, Brussels Airlines und Swiss mit mehr als elf Milliarden Euro gestützt. Weltweit erreichen die Rettungspakete aus Zuschüssen und/oder staatlich garantierten Krediten für die großen, einst staatseigenen Fluglinien an die hundert Milliarden.
Die (Steuer-)Geldflut droht allerdings, gerade in Europa, nur das Unausweichliche zu verzögern. Die
Flugbranche wird Jahre brauchen, um auf das Vorkrisenniveau zurückzukehren, vielleicht Jahrzehnte. Mitarbeiter mit staatlicher Unterstützung dauerhaft kurzarbeiten zu lassen, wie das die AUA bis 2023 plant, ist unsinnig – und unfair all jenen gegenüber, die mangels Staatshilfe den Job verlieren.
Wie die Geldflut überhaupt den Markt verzerrt. Billigflieger wie Ryanair oder Wizz Air haben Corona bisher ohne freundliche Unterstützung vom Steuerzahler überstanden, Mitarbeiter gekündigt oder ihre meist ohnehin nicht üppigen Gehälter weiter gekürzt. Das ist nicht erfreulich, aber offenbar überlebensnotwendig, wenn nicht der Staat einspringt.
Die Corona-Geldflut hat einen weiteren zweifelhaften Effekt. Seit Jahren werden die Überkapazitäten in der Luftfahrt diskutiert und kritisiert. Doch statt unprofitable Fluglinien sterben zu lassen, werden im Windschatten der Krise auch Zombies wie die Alitalia wiederbelebt. Seit 2002 hat der einstige und jetzt wieder italienische Staatscarrier keinen Gewinn gemacht. Mit Milliarden aus Rom, die indirekt aus Berlin, Wien & Co. kommen, kann die subventionierte Alitalia nun der ebenfalls subventionierten Lufthansa munter Konkurrenz machen.