2020 brachte Run in die Hacklerpension Die neu zuerkannten Frühpensionen sind um gut 300 Euro höher
Wie die Abschaffung der Abschläge wirkt: Die Antrittszahlen schnellten im ersten Halbjahr um gut 50 Prozent in die Höhe, die Kosten steigen.
WIEN. Die Babyboomer machen sich immer stärker in der Pensionsstatistik bemerkbar. Und die im September kurz vor der Nationalratswahl beschlossene Wiedereinführung der abschlagsfreien Frühpension erweist sich dabei als zusätzlich treibende Kraft. Wurden im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres von der (für die Arbeiter und Angestellten zuständigen) PVA insgesamt 55.634 Pensionen neu zuerkannt, waren es heuer zwischen Anfang Jänner und Ende Juni 61.637 und damit um fast elf Prozent mehr.
Bei sämtlichen Pensionstypen – von der „echten“Alterspension (Männer 65/Frauen 60) über die Korridorpension bis zur Invaliditätspension – gab es Zuwächse; den mit Abstand größten erwartungsgemäß bei der umgangssprachlich Hacklerregelung genannten Langzeitversichertenpension. Hier schnellten die Zuerkennungen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 um mehr als 54 Prozent auf 7320 Neuantritte in die Höhe. Das heißt zugleich, dass es sich bei fast zwölf Prozent aller neu zuerkannten Pensionen um Hacklerpensionen handelte (Anteil im ersten Halbjahr 2019: 8,5 Prozent).
Wer 2019 eine Hacklerpension antrat, musste noch lebenslange
Abschläge hinnehmen. Mit 1. Jänner 2020 wurden sie für neue Pensionen abgeschafft. Für jene, die das Glück einer etwas späteren Geburt hatten und erst heuer die Kriterien für die Hacklerpension erreichten, bedeutet das deutlich höhere Pensionsbezüge – auch das lebenslang.
Nach Angaben der PVA sind die abschlagsfrei zuerkannten Hacklerpensionen im Schnitt um 305 Euro brutto monatlich höher als jene, die im vergangenen Jahr zuerkannt wurden. Da sich das im Lauf der Jahre für den Einzelnen auf einen nennenswerten Betrag summiert – bei einem angenommenen 20-jährigen Pensionsbezug auf mehr als 85.000 Euro –, haben 800 Personen, die im Oktober, November oder Dezember in Hacklerpension hätten gehen können, ihren Pensionsantritt auf heuer verschoben.
Für die Pensionsversicherungsanstalt ist die Neuregelung Monat für Monat mit steigenden Mehrkosten verbunden. Für Juni werden sie mit knapp zwei Millionen Euro beziffert, für Juli mit 2,3 Millionen. Dabei ist die Hacklerpension de facto nur für Männer erreichbar – und in den seltensten Fällen für jene, die landläufig mit dem Begriff Hackler gemeint sind: die Arbeiter. Sie kommen kaum auf die vorgeschriebenen 45 Beitragsjahre, da Ersatzzeiten wie Arbeitslosigkeit oder Krankheit nicht anerkannt werden. Und für Frauen ergibt sich der Ausschluss von der Hacklerregelung dadurch, dass als Mindestalter 62 gilt. Das Frauenpensionsalter liegt derzeit noch bei 60 Jahren.
Das Comeback der abschlagsfreien Hacklerpension war nicht der einzige langfristig teure Vorwahlbeschluss. Noch kostspieliger wirkt – auch wegen der durch die Demografie bedingten stark steigenden Zahl von Pensionsantritten –, dass es die erste Pensionserhöhung nun schon im Jahr eins nach dem Pensionsantritt gibt (bisher erst im zweiten Jahr).
Vergangenen September ahnte noch niemand, dass eine Pandemie mit beispiellosen wirtschaftlichen Folgen ausbrechen würde. Eine dieser Folgen: Die Rekordarbeitslosigkeit ließ die Beitragseinnahmen einbrechen, damit wird sich auch das Pensionsloch 2020 deutlich vergrößern. Ob Türkis-Grün unter diesen Umständen auf die Notbremse steigt und die Vorwahlbeschlüsse zu den Pensionen rasch wieder kippt, bleibt abzuwarten.