Für TikTok und WeChat tickt die Uhr
Der IT-Krieg zwischen den USA und China wird heftiger: Trump stellt ein Ultimatum, in 45 Tagen treten Dekrete gegen chinesische Tech-Konzerne in Kraft. Das Vorgehen markiert eine neue Eskalationsstufe in den angespannten Beziehungen.
US-Präsident Donald Trump macht im Handelsstreit mit China eine neue Front auf. Nach Strafzöllen in Milliardenhöhe verbietet Trump wegen Sicherheitsbedenken per Dekret Transaktionen mit zwei der größten in den USA tätigen IT-Konzerne der Volksrepublik: ByteDance, dem Eigentümer der vor allem bei Jugendlichen beliebten Video-App TikTok, und dem WeChat-Betreiber Tencent. Die Anordnungen treten in 45 Tagen in Kraft.
Das chinesische Außenministerium konterte prompt: Die Interessen chinesischer Firmen würden verteidigt, sagte ein Sprecher. „Die USA müssen mit den Folgen leben.“Konkrete Maßnahmen nannte er nicht. An den Börsen löste der Streit weltweit Sorgen aus: „Wir könnten den Beginn eines IT-Kriegs sehen“, sagte Nana Otuki, Chefanalyst bei Monex Securities.
Bisher hatte Trump, der sich mitten im Wahlkampf befindet, vor allem gegen TikTok Stimmung gemacht. Die App, auf der Nutzer kurze Videofilme teilen, sei eine „erhebliche Bedrohung“, weil sie Daten von US-Nutzern sammle und China darauf Zugriff habe, lautet der Vorwurf. Doch nun nimmt sich der US-Präsident mit Tencent Asiens zweitwertvollsten Konzern vor. Zu dem Internetgiganten gehören nicht nur der WhatsApp-Rivale WeChat und der Bezahldienst WeChat Pay. Tencent hält auch fünf Prozent am US-Elektroautokonzern Tesla, zwölf Prozent an der Snapchat-Mutter
Snap und ist auch an dem Musikstreamingdienst Spotify und dem weltgrößten Musiklabel Universal Music beteiligt.
IT-Experte James Lewis vom Center for Strategic and International Studies ist sich sicher: „China wird Vergeltung üben.“Er sieht eine neue Dimension in dem schon lange andauernden Streit der Großmächte: „Dies ist ein Bruch in der digitalen Welt zwischen den USA und China.“US-Unternehmen wie Apple haben eine große Marktpräsenz in der Volksrepublik. Bestimmte Dienste von Google und Facebook sind allerdings in China bereits gesperrt und die US-Regierung warnt seit Jahren vor einem Einsatz des chinesischen Netzwerkausstatters Huawei in 5G-Netzen.
TikTok kündigte an, gegen ein Verbot durch die US-Regierung juristisch vorgehen zu wollen. Es gehe darum, sicherzustellen, dass die Nutzer gerecht behandelt würden – „wenn nicht von der Regierung, dann von den US-Gerichten“, teilte das Unternehmen auf seiner Website mit. Zugleich hieß es, man sei „geschockt“von der Anordnung.
Denn zuletzt hatte sich im Streit um TikTok eine andere Lösung abgezeichnet: Trump hatte grünes Licht für einen Kauf der US-Operationen durch den US-Konzern Microsoft gegeben und den Unternehmen dafür bis zum 15. September Zeit eingeräumt. Das Verbot sollte erst kommen, wenn der Deal nicht gelingt. Nun war davon zunächst keine Rede mehr.
In Trumps Dekret zu Tencent hieß es, die Kommunistische Partei Chinas könne über die App an Daten amerikanischer Bürger kommen. Tencent teilte mit, zunächst die Anordnung studieren zu wollen. Die in Hongkong notierten Aktien fielen mehr als vier Prozent. Bisher spielt WeChat in den USA eine untergeordnete Rolle.