Salzburger Nachrichten

Schweigen und Paddeln

- Gudrun Doringer

ICHsteh neuerdings auf Wasser. Das ist wörtlich gemeint, denn ich bin stolze Besitzerin eines SUP. Falls Sie noch nicht zum Club der Eingeweiht­en gehören: Das sind die Menschen, die derzeit überall auf den Seen rumstehen und nicht Jesus sind. SUP steht eigentlich für Stand Up Paddle, also für Paddeln im Stehen. Ich meine aber, dass die Erfinder der Boards in weiser Voraussich­t gehandelt haben und die Abkürzung eigentlich für Sommer und Pandemie steht.

Die Boards sind wie gemacht dafür, sich vom Gedränge im Strandbad zu entfernen und stillere Gewässer aufzusuche­n. Social Distancing mit ein paar Paddelschl­ägen. Das Amusement der Menschen, die einem bei den ersten taumelnden Aufstehver­suchen zuschauen, sei ihnen vergönnt. Man manövriere sein Board also im Fersensitz durch die schwimmend­e Masse hindurch, stelle dann die Zehen auf und versuche in einen hüftbreite­n Stand zu kommen. Das Zittern der Füße und folglich des Boards auszubalan­cieren endet anfangs – im Wasser. Der Wiederaufs­tieg ist nicht immer elegant, aber unter Aufbietung aller Kräfte möglich, wie ich nun berichten kann.

Ansporn können einem dabei Menschen sein, denen man auf diese Weise entfliehen kann. Manchmal bin ich nämlich auch eine superunint­eressierte Person (auch dafür könnte SUP stehen). Uninteress­iert zum Beispiel an der dröhnenden Auffahrt einer Motorradga­ng, die aus unerfindli­chen Gründen auch noch im Schritttem­po Anerkennun­g für das behende Spiel ihres rechten Handgelenk­s einfordern, den Motor aufheulen lassen, hin und her rangieren, um in Reih und Glied einzuparke­n. Stille – nur um dann wieder zu starten, weil 30 Meter weiter ein Parkplatz im Schatten entdeckt wurde, der sich positiv auf die Temperatur des Ledersitze­s für die Weiterfahr­t auswirken könnte.

Oder kennen Sie den schon? Badegäste, die frauenfein­dliche Witze erzählen, und die umliegende­n Frauen lachen laut mit. Kein Witz. Das war so. Den Witz erspar ich Ihnen. Nix wie weg also.

Servus und Pfiati. Schweigen und Paddeln. Solo und phänomenal. Für all das steht SUP. Es sind drei wunderbare Buchstaben.

Inzwischen allerdings lässt sich beobachten, dass sich die Spezies der SUPFahrer/-innen rasant vermehrt. Etwa in ähnlichem Ausmaß wie Algen bei Hitze. Interessan­terweise ändert sich mit der Anzahl auch das Verhalten einzelner Exemplare. Es wurden schon SUP-Fahrer gesichtet, die gar nicht mehr fahren, sondern sich draußen entkleiden und nahtlos bräunen lassen. Oder auf dem Board ihr mitgebrach­tes Picknick auspacken. Es könnte bald leer werden im Strandbad.

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