Salzburger Nachrichten

Erschossen oder vergiftet? Wolfsrudel verschwind­en

- ANDREAS TRÖSCHER

Nahe der Grenze zu Österreich, bei Rumo in Südtirol, wurde der Kadaver einer vergiftete­n Wölfin gefunden. Der toxikologi­sche Nachweis dafür wurde nun erbracht. Das dafür verwendete Gift ist in Österreich gut bekannt: das Pflanzensc­hutzmittel Carbofuran. Obwohl seit 2008 verboten, wird es immer wieder als Giftköder eingesetzt. Vor wenigen Tagen wurde ein Jäger aus Waidhofen an der Thaya (Waldvierte­l) zu sechs Monaten bedingter Haft und 1800 Euro Geldstrafe verurteilt, weil er laut Anklage Carbofuran-Köder ausgelegt hatte. Zahlreiche Tiere verendeten, unter ihnen ein Seeadler.

30 Kilometer süd- bzw. nordwestli­ch von Waidhofen liegen Litschau und Karlstift. Dort wurden 2019 Wolfsrudel nachgewies­en. 2020 verlor sich in beiden Fällen jede Spur. „Wenn Tiere verschwind­en, die nicht nur Freunde haben, besteht der Verdacht, dass nachgeholf­en wurde“, versucht es Wolfsbeauf­tragter Georg Rauer mit einer Erklärung. Die Möglichkei­ten: abschießen, vergiften oder in Fett getränkte Naturschwä­mme auslegen, die im Magen aufquellen. Egal welches Tier so einen Schwamm frisst, es wird qualvoll zugrunde gehen.

Rauer im Klartext: „Überall, wo Großraubti­ere vorkommen, gibt es Abschüsse. Warum soll das in Österreich anders sein? Es wäre naiv zu glauben, dass der Fall in Tirol eine Ausnahme war.“Im Juli 2019 war im Sellrainta­l ein kopfloser Kadaver entdeckt worden. Bei der Untersuchu­ng stellte sich nicht nur heraus, dass es sich um einen Wolf handelte. Man fand auch eine Einschusss­telle am Bauch des Tieres.

Ob Wölfe in Österreich vergiftet werden? Georg Rauer bleibt vorsichtig: „Natürlich ist alles möglich. Aber zu behaupten, dass es so ist, ist schwierig.“Der Einsatz von Carbofuran gegen Wildtiere ist hingegen leicht belegbar. Der WWF hat dazu genau Buch geführt: „Wir wissen seit dem Jahr 2000 von 400 Fällen illegaler Verfolgung von Wildtieren. 360 davon waren Greifvögel“, zählt WWF-Artenschut­zexperte Christian Pichler auf. Der Rest: Bären, Luchse und auch ein Wolf. 50 Prozent davon wurden vergiftet, die andere Hälfte ging in Fallen zugrunde oder wurde geschossen. Pichler verweist auf eine weitere Gefahr: „Das Auslegen von Giftködern ist auch für Haustiere und Kinder gefährlich.“Es ist eine Straftat. Im Fall einer Verurteilu­ng drohen bis zu drei Jahre Haft. Die Vergiftung eines Wolfes sei in Österreich aber noch nicht nachgewies­en worden, betont Pichler.

Das ist insofern interessan­t, als auf der Veterinärm­edizinisch­en Universitä­t in Wien in Kürze ein Nova Scotia Retriever zum Giftspürhu­nd

ausgebilde­t wird. Und das im Rahmen des „Life WolfAlps EU“Projekts. Soll heißen: Der Hund soll dezidiert den Wolf schützen. 430.000 Euro für fünf Jahre sind dafür veranschla­gt, 58 Prozent davon zahlt die EU, das Klimaschut­zministeri­um schießt auch etwas Geld zu.

„Wir haben bei uns eine hohe Rate an verschwund­enen Wölfen. Wir gehen davon aus, dass es derzeit Abschüsse sind und nicht Vergiftung­en“, berichtet Projektlei­ter Felix Knauer. Dennoch: Carbofuran sei nach wie vor „ziemlich weit verbreitet“. Man könne sehr wohl gezielt mit Giftködern gegen Wölfe vorgehen, wenn man das wolle. „Etwa, wenn eine Wolfshöhle bekannt ist. Da wird es dann wahrschein­lich die Jungen erwischen.“

Der Salzburger Klaus Pogadl, Obmann des Österreich­zentrums Bär, Wolf, Luchs, sagt, angesproch­en auf die mögliche Vergiftung von Wölfen: „Den Wolf hat man einst nicht mit der Flinte ausgerotte­t.“

430.000 Euro für einen Giftspürhu­nd

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Immer wieder werden Giftköder gefunden.

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