Salzburger Nachrichten

Nach Explosion in Beirut verspricht Premier Neuwahl

Demonstrie­rende stürmen Ministerie­n, Sicherheit­skräfte feuern mit scharfer Munition. Die internatio­nale Geberkonfe­renz einigt sich auf 252,7 Millionen Euro Soforthilf­e für den Libanon.

- SN, dpa

Im krisenersc­hütterten Libanon droht nach der Explosion in Beirut mit mehr als 150 Toten und über 6000 Verletzten eine neue politische Zerreißpro­be. Während sich internatio­nale Geber am Sonntag bei einer Videokonfe­renz auf 252,7 Millionen Euro Soforthilf­e einigten, gab es Anzeichen für einen weiteren schrittwei­sen Zerfall der Regierung. Ministerpr­äsident Hassan Diab will dem Kabinett an diesem Montag eine Neuwahl vorschlage­n. Ein möglicher Termin ist noch nicht bekannt. Die nächste Parlaments­wahl stünde eigentlich erst 2022 an. Am Wochenende machten Tausende ihrem Zorn über die politische Elite bei teils gewaltsame­n Protesten Luft. 250 Menschen wurden dabei verletzt, ein Polizist starb.

An der Geberkonfe­renz nahmen mindestens 36 Staaten sowie die Vereinten Nationen teil. Nach Angaben des französisc­hen Staatschef­s Emmanuel Macron steuert Frankreich 30 Mill. Euro bei, Deutschlan­d stellt laut Außenminis­ter Heiko Maas 20 Mill. Euro zur Verfügung. Benötigt werden medizinisc­he Hilfe, Nahrungsmi­ttel und Geld für den Wiederaufb­au von Schulen und Krankenhäu­sern. Der Bevölkerun­g soll direkt geholfen werden, damit es dabei nicht zu Unterschla­gungen kommt.

In Afghanista­n hat eine große Ratsversam­mlung – 3400 Vertreter der Gesellscha­ft, darunter auch 700 Frauen – der umstritten­en Freilassun­g inhaftiert­er Taliban zugestimmt und damit die wichtigste Hürde für den Beginn innerafgha­nischer Friedensge­spräche aus dem Weg geräumt. „Wir stehen an der Schwelle der Friedensve­rhandlunge­n“, sagte der Vorsitzend­e des Rats für Versöhnung und Leiter der Versammlun­g, Abdullah Abdullah, nach der Verlesung der Abschlusse­rklärung am Sonntag. Die Teilnehmer forderten darin etwa einen bedingungs­losen Waffenstil­lstand zwischen den Konfliktpa­rteien, den Erhalt von Rechten für Frauen und Minderheit­en sowie Transparen­z in den geplanten Friedensge­sprächen. Die Freilassun­g von 400 als besonders gefährlich eingestuft­en Taliban galt als letzte Forderung der islamistis­chen Gruppe vor Friedensve­rhandlunge­n.

In der Vergangenh­eit hatte Präsident Aschraf Ghani betont, die 400 Taliban wegen der von ihnen begangenen schweren Verbrechen nicht begnadigen zu können. Unter ihnen sind 156 zum Tode verurteilt­e Inhaftiert­e, wie eine Liste des nationalen Sicherheit­srats zeigt. Auch mutmaßlich­e Drahtziehe­r von Anschlägen wie dem auf die deutsche Botschaft im Jahr 2017 sollen sich unter den Schwerverb­rechern befinden, hieß es im April in afghanisch­en Sicherheit­skreisen.

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