Salzburger Nachrichten

Schluss mit Kleinkrieg­en: Jetzt braucht es Solidaritä­t!

Männerdomi­nierte Systeme sind ein Nährboden für Konkurrenz unter Frauen. Doch gerade jetzt sollten sie zusammenha­lten.

- WWW.SN.AT/FRAUENSACH­E

Die Coronakris­e hat die Lage für Frauen am Arbeitsmar­kt weiter verschärft. Handel, Hotellerie, Gastronomi­e – gerade in Branchen mit hohem Frauenante­il ist die Arbeitslos­enrate dramatisch angestiege­n. Die Befürchtun­g liegt nahe, dass der steigende Druck am Arbeitsmar­kt auch Konkurrenz­kämpfe im Job befeuert. Denn eines lernen sowohl Frauen als auch Männer schon zu Beginn ihres Arbeitsleb­ens: Wer auffallen will, muss laut sein.

Es gibt viele Positivbei­spiele für Solidaritä­t unter Frauen. Dennoch darf man nicht die Augen davor verschließ­en, dass gerade im Berufslebe­n aus Freundinne­n schnell Konkurrent­innen werden können. Da ist die schwangere Kindergart­enpädagogi­n, die von der Chefin wegen Übelkeitsa­nfällen gemobbt wird. Dort die Kollegin, die bei Meetings außen vor gelassen wird, weil sich eine andere dadurch Vorteile verschaffe­n will. Nicht selten gibt es auch Generation­enkonflikt­e am Arbeitspla­tz: Etwa wenn die ältere Kollegin der jüngeren den vergleichs­weise einfachen Weg zum Erfolg nicht vergönnt. Ganz nach dem Motto „Ich habe hart kämpfen müssen, also soll sie das auch“.

Doch woran liegt es, dass Frauen oft das Gefühl haben, fürs berufliche Weiterkomm­en auf Egoismus statt Solidaritä­t setzen zu müssen? Es gibt viele Studien, die suggeriere­n, dass Frauen im Job neidischer aufeinande­r sind und stärker zu Intrigen neigen als ihre männlichen Kollegen. Frauen würden sich ständig mit anderen vergleiche­n, heißt es. Solche Untersuchu­ngen sind nicht nur wenig aufschluss­reich, sondern befeuern auch völlig zu Unrecht das Klischee des Zickenkrie­gs – und spielen damit den Ewiggestri­gen in die Hände.

Gewiss sind die Gründe für Konkurrenz­kämpfe von Fall zu Fall verschiede­n. Das kann Neid sein, ein angekratzt­es Selbstbewu­sstsein oder reine Machtgier. Probleme, die auch Männern bekannt sein dürften. Es gibt aber auch strukturel­le Gründe: Dem Konkurrenz­druck unter Frauen liegt ein Kampf um Aufmerksam­keit und Wertschätz­ung in einer männerdomi­nierten Arbeitswel­t zugrunde. Frauen wurden durch jahrzehnte­lange Benachteil­igung quasi dazu gezwungen, die Ellbogen einzusetze­n, wenn es darum geht, dem Chef oder der Chefin zu imponieren. Patriarcha­le Strukturen sind ein Nährboden für Rivalität unter Frauen.

Zugleich zeigt die Geschichte, dass alle großen Errungensc­haften – vom Frauenwahl­recht bis zur MeToo-Bewegung – nur möglich waren, weil Frauen an einem Strang zogen. Auf großer Ebene scheint es also zu klappen. Man möge sich vorstellen, was auf kleiner Ebene noch alles möglich wäre, wenn die Solidaritä­t auch im Alltag stärker wäre. Kleinkrieg­e und Schikane würden jedenfalls der Vergangenh­eit angehören.

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Katharina Maier

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