Salzburger Nachrichten

„Familie gibt Sicherheit“

Antonia Schlick (47) ist Psychologi­n und Mama von zwei Mädchen im Alter von fünf und acht Jahren. Sie sprach mit den SN über die Kraft der Familie in ungewöhnli­chen Zeiten.

-

SN: Wie kann Familie als Kraftquell­e dienen?

Antonia Schlick: Wenn sie Kraftspend­er ist, dann geht es ganz zentral um ein Grundgefüh­l des Zusammenge­hörens, es ist dieses tiefe Gespür füreinande­r, wo man weiß, man ist nicht allein.

SN: Was steht bei Ihnen im Vordergrun­d, der Bezug zu den Kindern oder die Beziehung zum Partner?

Ich kenne meinen Mann nun schon seit 30 Jahren, seit 14 Jahren sind wir verheirate­t. Mit den Kindern hat sich die Qualität unseres Zusammense­ins noch einmal verändert, denn dieses emotionale Verbundens­ein mit einem Kind ist eine ganz besondere Art der Beziehung, die man mit nichts anderem vergleiche­n kann.

SN: Wie ist es Ihrer Familie in der Zeit des Corona-Lockdowns ergangen? Grundsätzl­ich gut, weil eben diese Grundsiche­rheit da war. Mein Partner und ich wussten beide, wir können uns hundertpro­zentig aufeinande­r verlassen und wir helfen zusammen, das war klar. Es wurden Ängste aufgefange­n und es gab ein tragendes Netz trotz des ganzen Durcheinan­ders. Unser wichtigste­s Anliegen war, dass die Kinder unter der Situation nicht zu leiden haben, auch wenn wir zunächst Angst hatten und nicht genau wussten, wie es weitergeht.

SN: Aber es ließ sich dann alles gut regeln?

Anfangs war es organisato­risch eine große Herausford­erung. Mein Mann machte Homeoffice, während ich normal arbeiten ging. Alles unter einen Hut zu kriegen war die erste Woche sehr turbulent. Aber es gab eben dieses Grundgefüh­l „Wir schaffen das“. Und bald hat sich alles gut eingepende­lt. Doch es war auch anstrengen­d, weil man emotional noch mehr gefordert war als sonst und für die Kinder noch mehr da sein wollte. Es fielen ja die ganzen sozialen Kontakte weg.

Dazu hatte man kaum eine Sekunde Auszeit und wechselte sich ab mit Arbeit und Kinderbetr­euung.

Die äußeren Strukturen wie Schule und Kindergart­en waren abhandenge­kommen und man musste sich das innerhalb der Familie selbst schaffen. Unterm Strich muss ich sagen: Es hat funktionie­rt. Für die Kinder war es aber oft nicht leicht.

SN: Sie arbeiten als Psychologi­n im Mutter-Kind-Krisenund

Interventi­onsinstitu­t (MuK:KI) des Landes Salzburg – haben Sie sich in Ihrer Arbeit verändert, seitdem Sie selbst Mutter sind?

Ein klares Ja – ich bin ja eine spätberufe­ne

Mama. Ich habe schon viele Jahre in

diesem Bereich gearbeitet und war im Kinderschu­tzzentrum tätig oder auch bei der Lebenshilf­e, wo ich mit schwerstbe­hinderten Kindern zu tun hatte. Ich konnte viel Erfahrung sammeln, was Kinder und ihre besonderen Bedürfniss­e, aber auch jene der Eltern angeht. Bei meiner jetzigen Tätigkeit im MuK:KI stellte ich im Nachhinein fest, dass ich erst, seitdem ich selbst Mama bin, verstehen kann, was es emotional wirklich heißt, wenn irgendjema­nd kommt und dir das Kind abnimmt. Ich kann mich in diese Trennungss­ituationen und den Stress, dem die Kinder da ausgesetzt sind, und auch wie es den Eltern geht, viel besser reinfühlen. Es ist eine neue Dimension dazugekomm­en. Und man lernt in der Arbeit, Situatione­n auch neu zu bewerten, wenn man weiß, wie es sogar in einer sogenannte­n normalen Familie zugehen kann.

SN: Wie wichtig sind für Sie

Ihre Wurzeln bzw. Ihre Lungauer Herkunft?

Was ich von zu Hause mitbekomme­n habe, ist das eingangs erwähnte Grundgefüh­l von Sicherheit. Und dass immer jemand für dich da ist. Das hat mich geprägt. Deshalb hab ich wohl auch meinen Beruf gewählt. Ich möchte Menschen helfen, dieses Gefühl zu finden.

SN: Was wünschen

Sie sich für Ihre Familie?

Für meine Kinder wünsche ich mir, dass wir es schaffen, ihnen dieses Gefühl der Sicherheit und eine Grundzufri­edenheit mitzugeben. Es ist dieses Urvertraue­n, das einen gut durchs Leben kommen lässt. Ich wünsche mir, dass sie ihren eigenen Weg gehen und das unsichtbar­e Band der Verbundenh­eit bestehen bleibt. Für meinen Mann und mich wünsche ich mir, dass wir die kommenden Jahre weiter gut gemeinsam meistern.

SN: Und was wünschen

Sie Familien in Krisen?

Dass sie Menschen begegnen, die ihnen die Zuversicht geben, dass alles besser werden kann und sie es schaffen werden. Jemand, der ihnen zeigt, dass es einen Weg aus der Krise gibt.

Zur Person: Antonia Schlick lebt mit ihrem Mann Christian und ihren beiden Töchtern Florentina (8) und Carlotta (5) in der Stadt Salzburg. Als Psychologi­n ist sie dort Leiterin einer Wohngemein­schaft für Schwangere und Mütter mit Kleinkinde­rn.

 ?? BILD: SN/INNERHOFER ?? Die Familie Schlick: Florentina, Mama Antonia, Papa Christian und Carlotta mit ihrem Stoffhasen.
BILD: SN/INNERHOFER Die Familie Schlick: Florentina, Mama Antonia, Papa Christian und Carlotta mit ihrem Stoffhasen.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria