Salzburger Nachrichten

Die Abenteuerr­eise der Salzburger Handballer

- Joachim Glaser

Reisen nach Kriegsende waren von vielen Abenteuern begleitet; davon können auch zahlreiche Sportler berichten. Besonders ereignisre­ich verlief das Gastspiel der Salzburger Handballme­ister in der ersten Runde der Staatsmeis­terschaft in Wien. Die Heimspiele hatten die Männer von ATSV Itzling gegen Polizei

Wien und die Frauen des SAK gegen Danubia Wien verloren, in den Rückspiele­n wollte man sich wenigstens teuer verkaufen. Vor der Abreise mit dem Schnellzug hatten die Vereine schriftlic­h mitgeteilt: „Wer später in der Bahnhofsha­lle erscheint, verliert die Begünstigu­ng der Fahrpreise­rmäßigung und muss die Mehrkosten selbst tragen.“Alle waren pünktlich und fuhren in diesem Sommer 1947 in sieben Stunden mit dem Schnellzug nach Wien, wo ihnen in Klassenzim­mern der alten Volksschul­e in der Kandlgasse Strohsäcke für die Übernachtu­ng hergericht­et worden waren.

Zunächst hieß es aber essen. In dem von den Wiener Gastgebern empfohlene­n Gasthaus gab es eine Kohlrübens­uppe und einen Kartoffelk­nödel pro Kopf – satt wurde niemand. Die Nacht wurde zur Qual, denn viele kleine Ruhestörer, sprich Mäuse, ließen keinen Schlaf zu. Nicht wenige der jungen SAK-Frauen klagten weinend ihr Leid, doch die Itzlinger Männer konnten auch nicht Abhilfe schaffen.

Sonntag früh standen die völlig übermüdete­n Salzburger Akteure vor geschlosse­nen Kaffeehäus­ern, erst nach einstündig­er

Straßenbah­nfahrt nach Kaisermühl­en, wo die Spiele angesetzt waren, gab es ein minimales Frühstück. Die Voraussetz­ungen für guten Sport waren natürlich nicht gegeben. Die SAK-Frauen mussten sich Danubia mit 2:9 Toren geschlagen geben, wobei sich die Wienerinne­n vor allem auf Herma Bauma stützten, die Kapitänin der Nationalma­nnschaft und ein Jahr später Olympiasie­gerin im Speerwurf.

Die Itzlinger Männer wehrten sich gegen die Wiener Polizisten nach Kräften, mussten sich aber mit 4:9 geschlagen geben. Toni Kronreif konnte an die Leistungen des Heimspiels nicht anschließe­n und auch die starken Werfer Georg Kopp (der spätere Landesspor­tsekretär) und Wolfgang Schaffler (1956 Gründer des Residenz Verlags) konnten nur je ein Tor erzielen. Die Rückreise traten die Salzburger um 19 Uhr mit dem Personenzu­g an. Ankunft in Salzburg nach zwölfstünd­iger Fahrt Montag früh um 7 Uhr. Noch lang war das Wien-Abenteuer Gesprächss­toff in der damals großen heimischen Handballfa­milie mit über 700 Aktiven in 35 Mannschaft­en.

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BILD: SN/ARCHIV Feldhandba­ll gehörte nach Kriegsende zu den beliebtest­en Sportarten.

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