Straches Wohnort und die Lottosechser
Sachen gibt’s: Ausgerechnet HC Strache droht an einer Blut-und-Boden-Ideologie zu scheitern.
Sind wir nicht alle Weltbürger, auf dem ganzen Globus zu Hause? Sind Grenzen nicht etwas Vorgestriges, nur noch hinter engen Stirnen Existierendes? Und dann das: Heinz-Christian Strache soll das Antreten bei der Wien-Wahl verwehrt werden, weil er nicht direkt in Wien, sondern knapp jenseits der Wiener Stadtgrenze in Klosterneuburg wohnt.
Zur Erklärung für Nicht-Wiener bzw. NichtKlosterneuburger: Klosterneuburg ist nur einen Schleierflug von Wien entfernt und mit der Stadt praktisch zusammengewachsen. Von Klosterneuburg ist man schneller auf dem Stephansplatz oder im Rathaus (wo Strache ja hinwill) als, sagen wir, von Liesing (der Heimat des großen Werner Faymann).
Schleierflug übrigens deshalb, weil es da so eine Legende gibt. Als eine Babenberger Markgräfin eines windigen Tages auf den Kahlenberg – einen der Wiener Hausberge – ritt, riss ihr ein Windstoß den Schleier vom Kopf. Neun
Jahre später wurde der Schleier in einem Wald wiedergefunden, wofür der Markgraf schleierhafterweise derart dankbar war, dass er genau an der Fundstelle des Schleiers ein Kloster errichten ließ. Das war der Beginn von Klosterneuburg. Und wie weit kann so ein Schleierchen schon fliegen? Eben.
Ausgerechnet Heinz-Christian Strache droht an einer Blut-und-Boden-Ideologie zu scheitern, die besagt, dass in Wien nur jemand Politik machen kann, dessen Blut dem goldenen Wienerherz entsprudelt und der fest in der Wiener Erde wurzelt. Aber tut Strache das nicht? Er ist sogar Erdberger!
Das muss man für Nicht-Erdberger jetzt vielleicht auch wieder erklären: Erdberg ist ein immens berühmter ehemaliger Vorort und nunmehriger Bezirksteil von Wien. Dort erblickte die Welt das Licht von Thomas Klestil. Und dort wurde einst Englands König Richard Löwenherz bei seiner Rückkehr vom Heiligen
Land in einer Schenke hopsgenommen, in Dürnstein eingesperrt und erst gegen die Zahlung eines hohen Lösegelds freigelassen. So erdig waren damals die Sitten in Wien. Und nix Untersuchungsausschuss!
Mit dem Lösegeld wurde damals übrigens Wiener Neustadt gebaut, das viel weiter von Wien weg ist als Klosterneuburg. Deswegen wohnt Strache auch nicht dort.
Aber um die besagte Legende fertig zu erzählen: Die Markgräfin mit dem Schleier hieß Agnes, weshalb sich auf halbem Weg zwischen Wien und Klosterneuburg bis heute das Agnesbründl befindet, in dessen murmelndem Gewässer man angeblich die sechs Richtigen der nächsten Lottoziehung sehen kann. Jetzt im Sommer ist das Agnesbründl leider nahezu versiegt, womit so nebenbei erklärt ist, warum es derzeit so viele Jackpots gibt.
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