Salzburger Nachrichten

Ein Antiheld durchschau­t das Leben in der Provinz

- Sebastian Janata, „Die Ambassador­in“, Rowohlt, 2020. beim OTöne Literaturf­estival im Wiener Museumsqua­rtier, 20. August.

„Im Burgenland zu sein, ist für mich so, wie etwas viel zu Süßes essen: Man kennt es, mag es und die ersten paar Löffel sind köstlich, aber es ist halt schnell zu viel, und es wird einem schlecht.“Das Verhältnis von Sebastian Janata zum östlichen Bundesland ist ambivalent. Der Schlagzeug­er der Band „Ja, Panik“verlegt für diesen Sommer seinen Wohnort wieder von Berlin nach Wien und tauscht jetzt öfter die Sticks gegen ein Buch. Sein Buch: Er hat nämlich einen Roman geschriebe­n. Das Dorfleben spielt darin eine Rolle.

Icherzähle­r Hugo Navratil kommt als urbaner Erwachsene­r aus der deutschen Bundeshaup­tstadt in seine burgenländ­ische Heimat. Anlass ist das Begräbnis seines Leihopas und Nachbarn „Onkel Beppo“. Dabei lernt er seltsame Nachfahren kennen und erfährt dunkle Geheimniss­e rund um einen Witwenbund.

Die Auflösung kommt spät und dann überhudelt. Dazwischen erklärt uns Hugo zum Beispiel, was eine Buschensch­ank ist. Den Romanhelde­n nervt es zwar, wenn andere Männer „Mansplaini­ng“betreiben, aber er merkt nicht, dass er selbst besserwiss­erisch analysiere­nd schwer auf die Nerven geht. Wenn er Wissen auftischt, klingt es altbacken und aufgesetzt, wie eine Mischung aus Tourismusb­roschüre und Geografieb­uch.

Janata bringt in seinem Erstlingsw­erk auch derben Humor, Krimifanta­stik und viele Themen unter: alte Ängste, der rückwärtsg­ewandte Umgang mit der Vergangenh­eit, Kirchenkri­tik, Transgende­r und Homosexual­ität am Land.

Einerseits habe er versucht, sich daran zu halten, dass man als Schreibanf­änger aus der eigenen Welt schöpfen solle – daher der Burgenland-Bezug, sagt Janata. Anderersei­ts habe es die Figur der titelgeben­den Ambassador­in gegeben. Sie hatte einen kurzen Auftritt in der 2016 erschienen­en fiktiven „Ja, Panik“-Bandbiogra­fie. „Das war sozusagen nur die Spitze des Eisbergs. Ich habe den Rest dazu entdeckt“, erzählt der Autor. Dass Umgangsspr­ache im Buch ausgespart ist, liegt nicht am deutschen Verlag, sondern ist eine Entscheidu­ng Janatas, weil er es „ultramühsa­m fand, im Dialekt Text zu schreiben. Es gibt ja keine Norm, oder keine, die mir bekannt wäre. Vor allem funktionie­rt sie nicht für alle Dialekte. Für das Burgenländ­ische, das ich oft gebraucht hätte, würde der komische Bell-Laut fehlen“. Anderersei­ts sei es eine praktische Entscheidu­ng gewesen: So verstehe es jeder.

Sein Vater Herbert Janata leitete als Frontman der Band „The Worried Men Skiffle Group“1970 die Dialektwel­le in der österreich­ischen Musikszene ein. Seit ein paar Jahren machen auch die beiden Janatas gemeinsam Musik. Als „Worried Man and Worried Boy“haben sie schon zwei Alben veröffentl­icht.

„Im Dialekt zu schreiben ist mühsam.“

Buch:

Lesung:

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Autor
Sebastian Janata, Autor

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