Ringelspiel um Geld für Flugtickets
Flug storniert, Geld zurück: Was einfach klingt, wird in Coronazeiten zum immer ärgerlicheren Hürdenlauf. Airlines und Buchungsplattformen schicken Kunden im Kreis. Verbraucherschützer stöhnen.
WIEN. Man schimpfe ja nicht ständig böse, sagt Andreas Herrmann. „Aber schön langsam wäre es schon nett, wenn die Airlines Updates auf ihren Homepages machen würden, wann die Kunden nun mit ihrem Geld rechnen können.“Doch dort sehe alles normal aus, ganz so als gäbe es keine Probleme. „Das finden wir schon ärgerlich“, sagt der Jurist im Europäischen Verbraucherzentrum in Österreich (EVZ).
Hier stauen sich indes im E-MailEingang die Beschwerdeschreiben über noch nicht rückerstattetes Geld für stornierte Flüge, für abgesagte Reisen oder nicht in Anspruch genommene Mietwagen. Seit Beginn der Coronakrise verzeichne man eine extrem erhöhte Beschwerde bei allem, was Reisen betreffe, sagt Herrmann. 500 offene E-Mails habe man derzeit in der Pipeline. Die Wartezeit bis zur Erledigung beträgt zwölf Wochen. Mit einem Team von sechs Juristen, davon nur zwei in Vollzeit, sei so ein Ansturm personell nicht mehr schneller zu schaffen. Und so manche der Bearbeitungen sei langwierig. Gerade habe er eine Urgenz an eine Firma geschickt, die seit Mai eine Rückerstattung zugesagt habe, „aber noch nichts ist passiert“.
Während die Verbraucherschützer im Akkord in der Dauerschleife arbeiten, platzte am Wochenende auch Deutschlands Wirtschaftsstaatssekretär Ulrich Nußbaum der Kragen und er kritisierte die Lufthansa scharf. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass man trotz der massiven staatlichen Hilfen den gesetzlichen Verpflichtungen bislang nicht nachkommt und den Kunden ihre Gelder nicht unverzüglich zurückzahlt“, sagte Nußbaum zu „Spiegel Online“. Es sei eine „Frage des Vertrauens“. Die Lufthansa konterte, man habe bisher rund zwei Mrd. Euro rückerstattet, weniger als eine Milliarde Euro seien noch ausständig. Die AUA hatte zuletzt angekündigt, bis Ende August alle noch offenen Gelder zurückzuerstatten.
Ebendort würden die Argumente der Verbraucherschützer aber ignoriert, gehe es um die Rückerstattung von Flugtickets, die nicht direkt bei der Airline, sondern über eine Buchungsplattform gekauft worden seien, kritisiert Herrmann. Gemäß Fluggastrechteverordnung müssten die Airlines das Geld direkt an den Konsumenten überweisen, die Airlines sähen das aber anders und verwiesen zumeist auf den Vermittler. Mit dem Ergebnis: Der Kunde wird im Kreis geschickt und keiner kümmert sich so wirklich um ihn. „Rechtlich sehen wir das nicht als korrekt an“, betont Herrmann. Zudem bräuchten Buchungsplattformen aufgrund der Komplexität oft länger mit der Abwicklung, außerdem wisse man nie, wie sehr sich der Vermittler überhaupt rechtlich für den Fluggast einsetze. Dazu kämen nicht selten auch Bearbeitungsgebühren, „das ist besonders ärgerlich“. Trotzdem buchten noch immer zu viele Konsumenten auf Onlineplattformen, „wir raten davon ab“, betont der Jurist und verweist auf Buchungsmöglichkeiten direkt bei den Airlines. Selbst bei Billigairlines, die vor Corona nicht perfekt konsumentenfreundlich aufgefallen seien, habe sich das in der Krise nicht bestätigt. „Wizz Air etwa hat besonders schnell gezahlt.“Die Iberia dagegen oder auch Vueling seien immer noch schwer zu erreichen.
Nicht einfach annehmen müsse man die Gutscheine, die gerade zu Beginn der Pandemie von den Airlines angeboten wurden. „Wenn ich das Angebot nicht schriftlich angenommen habe, kann ich noch immer das Geld verlangen.“Rechtlich stehe den Konsumenten innerhalb von sieben Tagen die Rückerstattung zu. „Dass das in Coronazeiten nicht funktioniert, sehen die Konsumenten ja völlig ein“, sagt Herrmann. Bei vielen sei die Geduld aber mittlerweile überstrapaziert.
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte zu Beginn der Pandemie und befristet bis Ende Mai eine Sammelaktion für die Rückerstattung von Ticketgeldern bei der AUA und bei Lauda organisiert. Eine neue Aktion ist derzeit allerdings nicht geplant. „Mit Anhalten der Krise wird die Sache immer schwieriger“, sagt VKI-Sprecher Ralf Perkowski. Die Reiseziele und -länder, vor denen gewarnt werde, änderten sich ständig. Im Lockdown sei alles noch klar gewesen, „jetzt sind es bewegliche Ziele, die wir haben“.
EVZ-Jurist Herrmann bestätigt, dass Reisewarnungen nichts helfen, solang sich die Airline entscheidet, trotzdem zu fliegen. „Da wird es rechtlich schwer, aus dem Vertrag rauszukommen.“
„Es ist ärgerlich, dass manche Airlines so tun, als gäbe es kein Problem.“
Andreas Herrmann, EVZ