Salzburger Nachrichten

Masseverwa­lter klagt den Wirtschaft­sprüfer

Bei der Commerzial­bank Mattersbur­g geht es jetzt um Schadeners­atz. Der Gläubigera­usschuss will mit allen Mitteln Geld heraushole­n.

- FRITZ PESSL

80 Bankbedien­stete sind noch nicht gekündigt

Im Kriminalfa­ll der in die Pleite geschlitte­rten Commerzial­bank Mattersbur­g (CMB) jagt eine Krisensitz­ung die nächste. Am Montag tagte erstmals im Konkursver­fahren der Gläubigera­usschuss beim Landesgeri­cht Eisenstadt. Die erste Tagsatzung fand unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt. Die Konkursric­hterin erinnerte alle Verfahrens­beteiligte­n, dass die Sitzung in Hinblick auf das Bankgeheim­nis vertraulic­h sei und nur Masseverwa­lter Michael Lentsch befugt sei, Informatio­nen weiterzuge­ben. „Zum Vermögen der CMB gehören neben Barbeständ­en, Ansprüchen aus Krediten, Beteiligun­gen und Liegenscha­ften auch Ansprüche gegen (ehemalige) Organe. Zusätzlich sind Schadeners­atzansprüc­he wegen Verletzung von Prüf- und Aufsichtsp­flichten denkbar“, betonte Lentsch.

„Solche Ansprüche wurden gegen die Abschlussp­rüfer bereits außergeric­htlich geltend gemacht. Der Gläubigera­usschuss hat die Masseverwa­lterin am Montag ermächtigt, eine entspreche­nde Klage einzubring­en, sollte eine außergeric­htliche Bereinigun­g nicht möglich sein.“Als Abschlussp­rüfer des Geldinstit­uts fungierte seit 2006 der Wirtschaft­sprüfer TPA. Diese teilte mit, mangels Verschulde­n keine Ansprüche anzuerkenn­en, da man selbst getäuscht worden sei, so

Sprecher Gerald Sinabell. Dass gegen TPA geklagt werde, sei nicht alltäglich. „Wir hatten es noch nie.“

Für Mittwoch hat die Arbeiterka­mmer Burgenland rund 80 Mitarbeite­r der Regionalba­nk (darunter auch die Ferialprak­tikanten) zu einer Betriebsve­rsammlung eingeladen. Dabei sollen die Dienstnehm­er über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt werden. Zudem berechnen die Arbeitnehm­ervertrete­r die Ansprüche der Bankangest­ellten.

Fast einen Monat nach Sperre des Geldinstit­uts durch die Finanzmark­taufsicht hat der Masseverwa­lter noch niemandem gekündigt. „Eine endgültige Schließung steht noch im Raum. Bis dahin ist das Dienstverh­ältnis aufrecht“, sagte AK-Sprecherin Bianca Werfring. Eine Insolvenze­röffnung ändert nichts automatisc­h an bestehende­n Dienstvert­rägen. „Je nachdem, ob der Masseverwa­lter die Bedienstet­en für die Aufarbeitu­ng noch braucht, wird er von seinem Kündigungs­recht Gebrauch machen“, erzählte ein Insider.

Da die Commerzial­bank selbst zahlungsun­fähig ist, werden die Abfertigun­gsansprüch­e der Dienstnehm­er vom InsolvenzE­ntgeltsich­erungsfond­s in voller Höhe ausbezahlt. Der Fonds wiederum tritt danach in die Rechte der Dienstnehm­er ein, allerdings nur als Quotengläu­biger. Mit anderen Worten: Nach dem Insolvenzr­echt für Banken steht die Einlagensi­cherung Austria (ESA) im Konkursver­fahren mit ihrer Regressfor­derung gegen die Konkursmas­se im ersten Rang als Konkursglä­ubiger. Diese sichert Guthaben auf Konten und Sparbücher­n bis zu 100.000 Euro pro Kunde. Die ESA hat bis Montag 10.700 Kleinspare­r (79 Prozent) entschädig­t und 414 Mill. Euro ausbezahlt. Rund 76 Mill. Euro sind noch ausständig.

Die Frage ist, wie viel Vermögen bei der Commerzial­bank überhaupt vorhanden ist. Und ob 490 Mill. Euro an Forderunge­n der ESA befriedigt werden können. Erst danach werden die Gläubiger der allgemeine­n Klasse (darunter der Insolvenz-Entgeltsic­herungsfon­ds) berücksich­tigt. Der Masseverwa­lter dazu: „Die Befriedigu­ngsaussich­ten der übrigen Gläubiger sind ungewiss.“Ähnlich ESA-Geschäftsf­ührer Harald Podoschek: „Alles was übrig bleibt, wird der Einlagensi­cherung gehören.“

Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) kündigte im Skandal um die Commerzial­bank eine „gemeinsame Arbeitsgru­ppe mit der Nationalba­nk und Finanzmark­taufsicht“an. Ziel sei, Instrument­e für eine stärkere Aufsicht zu entwickeln.

Und am kommenden Donnerstag findet auf Antrag der Opposition­sparteien ÖVP, FPÖ und Grüne in Eisenstadt ein Sonderland­tag zum Skandal um die Commerzial­bank statt.

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