Ein Wahlkampf fast ohne Wellen
Schwimmbecken am Gürtel, Nadelstiche zwischen den Koalitionspartnern: Der Wien-Wahlkampf ist reich an Aktionismus.
Ein Schwimmbecken am Gürtel, immer wieder Nadelstiche zwischen den Koalitionspartnern: Der Wahlkampf in Wien ist reich an Aktionismus.
WIEN. Seit Dienstag hat die rot-grüne Wiener Stadtregierung auch Konkurrenz von links. Genauer gesagt: von der Liste Links, die bei der Gemeinderatswahl im Oktober antreten und für eine gerechtere Welt sorgen will. Am Dienstag stellte die auch von der KPÖ unterstützte Liste ihr Programm vor.
Spitzenkandidatin Anna Svec zählte den SN ihre wichtigsten Forderungen auf: eine bedingungslose Existenzsicherung für alle, leistbares Wohnen, die Schaffung einer aktiven Schlichtungsstelle für Mieter, Wahlrecht für alle – nämlich auch für rund ein Drittel der in Wien Lebenden, die mangels österreichischer Staatsbürgerschaft von der Stimmabgabe ausgeschlossen sind. Weiters auf der Agenda: eine Arbeitszeitverkürzung, die Wien als Dienstgeber gleich im eigenen Wirkungsbereich umsetzen könnte, und ein Mindestlohn von 1950 Euro, wo Wien für seine Bediensteten ebenfalls den Vorreiter spielen könnte. „Wir wollen linke Opposition machen und für gerechte Verhältnisse sorgen“, sagt Svec. Rund ein Drittel der Links-Kandidaten weist Migrationshintergrund auf, 60 Prozent sind Frauen.
Ob die Wienerinnen und Wiener dieses Angebot annehmen werden, ist fraglich. Bürgermeister Michael Ludwig und seine SPÖ können, schenkt man jüngsten Umfragen Glauben, mit einem soliden Wahlergebnis von knapp unter 40 Prozent rechnen, was ungefähr dem Stimmenanteil bei der letzten Wahl 2015 entspricht. Der vom Kurz-Effekt zehrenden Wiener ÖVP wird mindestens eine Verdoppelung ihres Ergebnisses von 2015 vorausgesagt, was ihr aber nur knapp 20 Prozent bescheren würde. Auch die Grünen (2015: knapp zwölf Prozent) dürften leicht zulegen, sie werden derzeit bei 14 Prozent gehandelt. Die FPÖ könnte auf ein Drittel ihrer Stimmen von 2015 zertrümmert werden, sie liegt in den Umfragen bei rund zehn Prozent. Der Liste Strache werden erstaunlich schlechte vier Prozent prognostiziert, was für den Einzug in den Gemeinderat (der gleichzeitig Landtag ist) nicht reichen würde. Die Neos liegen bei acht Umfrage-Prozent. 2015 waren es 6,2. Die aktuellen Zahlen beruhen auf einer Umfrage von Research Affairs, die in „Österreich“veröffentlicht wurde.
Der Wahlkampf für die OktoberWahl
– der offiziellen Angaben zufolge noch gar nicht begonnen hat – gleicht mitunter einem Satireprojekt. Die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, Herrin etlicher „Coolen Straßen“und Pop-up-Radwege, eröffnete dieser Tage unter lauter medialer Begleitmusik auf einer vielbefahrenen Gürtelkreuzung eine temporäre Grünfläche. Dort findet sich nun – umtost von mehrspurigem Autoverkehr und übrigens kräftig gesponsert von heimischen Poolproduzenten – ein Schwimmbecken in Ausmaß eines mittleren
Wohnzimmers. In welchem, bewacht von einem Bademeister, immer nur bis zu sechs Wiener gleichzeitig Abkühlung suchen dürfen, was der Nachhaltigkeit der Hunderttausende Euro teuren Investition ein einigermaßen zweifelhaftes Zeugnis ausstellt.
Im Übrigen ist das Verhältnis zwischen den Koalitionspartnern SPÖ und Grünen von dezenten Nadelstichen gespickt. Vizebürgermeisterin Hebein verbündete sich für ihr Ziel einer autofreien Innenstadt zum Ärger Bürgermeister Ludwigs
mit dem türkisen City-Bezirksvorsteher Markus Figl. Ludwig wiederum kaperte das einstige grüne Vorzeigeprojekt „City-Bikes“, indem er es kurzerhand dem Verantwortungsbereich der rot dominierten Wiener Linien unterstellte. Ob die rot-grüne Koalition nach der Gemeinderatswahl fortgesetzt werden wird, ist alles andere als sicher. Einigermaßen fix ist nur, das der neue Bürgermeister so heißen wird wie der gegenwärtige, nämlich Michael Ludwig. Den man sich recht gut als Oberhaupt einer rot-türkisen Stadtkoalition vorstellen könnte.
Und Strache? Der präsentierte am Dienstag seine Liste, die eine bunte Mischung weithin unbekannter Personen darstellt. Die ersehnten „Promis“hat der Ex-Vizekanzler,
der bei der Wien-Wahl seinen einstigen Freunden von der FPÖ Konkurrenz machen will, nicht gewinnen können. Selbst der diesbezüglich schmerzbefreite Richard Lugner verwahrte sich in harschen Worten gegen die Vereinnahmung durch den Ibiza-Sünder, von dem noch immer nicht feststeht, ob er überhaupt zur Wahl antreten darf. Die Wahlbehörde prüft noch, ob Strache tatsächlich, wie er behauptet, in Wien-Erdberg wohnt. Oder nicht doch in jener Klosterneuburger Villa, wo er seit Jahren SocietyJournalisten empfängt.
Strache hängt noch in der Luft