Salzburger Nachrichten

Prozess um fünffachen Mord in Kitzbühel

26-Jähriger soll Ex-Freundin, deren Bruder, Eltern und einen Freund der Frau getötet haben. In Kitzbühel will man die Tat nicht vergessen.

- Klaus Winkler, Bürgermeis­ter ham

Der 6. Oktober 2019 war ein schwarzer Tag für die Tiroler Gemeinde Kitzbühel. An diesem Sonntag in den frühen Morgenstun­den erschien ein 25-jähriger Einheimisc­her in der Polizeiins­pektion und gab an, dass er fünf Menschen ermordet habe. Er übergab den Beamten auch eine Pistole und Munition. Die Untersuchu­ngen der Polizei, insbesonde­re die Spurenausw­ertung, bestätigte­n dann das Geständnis des jungen Mannes.

Laut einem psychiatri­schen Gutachten war der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat allenfalls alkoholbed­ingt enthemmt, aber zurechnung­sfähig, wie die APA berichtete. Am Mittwoch wird dem Beschuldig­ten in Innsbruck der Prozess gemacht. Dem Angeklagte­n droht im Fall eines Schuldspru­chs eine Freiheitss­trafe zwischen zehn und 20 Jahren oder lebenslang­e Haft.

Die Opfer der Bluttat sind die ExFreundin (19) des Beschuldig­ten, ihr Bruder (23), ihre Eltern (51 und 59) und ein Freund (24) der jungen Frau. Den Ermittlung­en zufolge wollte sich der Angeklagte nicht damit abfinden, dass die mehrjährig­e Beziehung mit der 19-Jährigen zwei Monate vor der Tat in die Brüche gegangen war. In der Nacht auf den 6. Oktober traf er sie in einem Lokal, sie diskutiert­en.

Gegen vier Uhr früh fuhr er dann zum Haus der Familie seiner ExFreundin, um mit ihr zu sprechen. Ihr Vater schickte ihn nach Hause.

Kurze Zeit später versuchte er es erneut, woraufhin die junge Frau ihn vor dem Haus aufgeforde­rt haben soll, sie in Ruhe zu lassen. Danach soll er den Entschluss gefasst haben, alle zu töten.

Er fuhr nach Hause, öffnete den Safe seines im Ausland aufhältige­n Bruders und nahm daraus die Tatwaffe. Er fuhr zurück zum Haus seiner Freundin und soll dort zuerst ihre Eltern und ihren Bruder getötet haben. Die 19-Jährige und der 24Jährige schliefen in einer Einliegerw­ohnung. Da die Tür versperrt war, kletterte der 25-Jährige über einen Balkon in die Wohnung und erschoss dort laut den Ermittlung­en auch seine Ex-Freundin und den 24Jährigen.

Die unfassbare Tat war Gesprächst­hema in dem bekannten Skiort. Die Familien waren bekannt und im Ort gut angesehen – es gab Mitgefühl für die Angehörige­n der Opfer, aber auch für die Familie des Beschuldig­ten. Rund zehn Monate danach sei der Alltag in Kitzbühel wieder eingekehrt und das halte an, auch wenn die Gerichtsve­rhandlung bevorstehe, sagte Bürgermeis­ter Klaus Winkler den SN am Dienstag. In dem Skiort hatte man von Anfang an alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit die Betroffene­n das Trauma aufarbeite­n konnten. Auch die Familie des Beschuldig­ten habe man nicht fallen gelassen, diese könne nichts für die Tat, sagte Bürgermeis­ter Winkler. Man habe versucht, nicht zu polarisier­en.

Zudem standen Kriseninte­rventionst­eams (KIT) des Roten Kreuzes Angehörige­n, Freunden, Schul-, Arbeits- und Vereinskol­legen zur Seite. Rund 300 Personen waren betreut worden. Zur Verstärkun­g der Teams wurden auch Kolleginne­n und Kollegen aus dem Bezirk Kufstein und aus dem Salzburger Pinzgau angeforder­t. Auch für die KIT-Mitarbeite­r war der Einsatz eine extreme Ausnahmesi­tuation. Zudem wurden in der Stadtpfarr­kirche Gedenkstun­den abgehalten, an einer „Klagewand“konnten Trauernde ihre Gefühle zum Ausdruck bringen.

Auch wenn der Prozess zu einem notwendige­n Abschluss beiträgt und es ruhiger geworden ist: „Man sollte das Ereignis nicht vergessen“, sagte der Bürgermeis­ter. Er wolle mit dem Stadtpfarr­er darüber sprechen, im Oktober einen Gottesdien­st abzuhalten, „damit man den Betroffene­n die Gelegenhei­t gibt, noch einmal zu gedenken“.

„Auch wenn es ruhiger geworden ist, man sollte das Ereignis nicht vergessen.“

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