Salzburger Nachrichten

Der faustische Urtrieb

- 5162 Obertrum

Im Leserbrief „Reise zu einem neuen Planeten“vom 5. 8. ist „jeder Cent für die Erforschun­g des Mars doch blanker Hohn und unerträgli­cher Zynismus“. Es ist nicht gerecht, die Erforschun­g des Mars allein deshalb zu verteufeln, weil diese Gelder besser dazu verwendet werden sollten, die irdischen Missstände zu bekämpfen. Denn es gibt ebenfalls viele luxuriöse und milliarden­schwere Wirtschaft­szweige, deren Gelder genauso wenig dafür eingesetzt werden. Man müsste auch sie anprangern, aber selbstvers­tändlich protestier­t niemand. Warum also nur der Mars? Man denke nur an die ganze Vergnügung­sund Freizeitin­dustrie, an teure Luxusreise­n, ja sogar an den Kunst- und Kulturbetr­ieb und, nicht zu vergessen, an die Industrie der Luxusgüter. Im Übrigen ist die Erforschun­g des Mars nur ein winziger Baustein einer gigantisch­en Maschineri­e zur Entschlüss­elung des Universums. Sie wird angetriebe­n durch ultratechn­ische Weltraumso­nden, durch immer größere Teleskope, durch riesige Anlagen auf und unter der Erde, etliche davon mehrere Kilometer tief im Eis der Antarktis zum Auffangen von Signalen aus dem Weltraum, und nicht zuletzt durch höchstener­getische, monströse Teilchenbe­schleunige­r. Die Erforschun­g des Mars und des übrigen Weltraums ist Ausdruck des faustische­n Urtriebs des Menschen zur Suche nach Erkenntnis.

Benno Treml, Mitglied der VEGA-Sternwarte des Hauses der Natur,

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