Salzburger Nachrichten

Überfall auf Juwelierfa­milie: Legten Räuber falsche Spuren?

Der Angeklagte und seine Komplizen sollen Zigaretten­stummel von Fremden an einem der Tatorte verstreut haben, um die Kriminalis­ten in die Irre zu führen.

- KOPPL.

Ein Jahr nach dem Raubüberfa­ll auf die Juwelierfa­milie Nadler am Heuberg steht der Prozess gegen einen der mutmaßlich­en Täter bevor. Die Anklagesch­rift der Staatsanwa­ltschaft gegen den 42-jährigen Tschechen ist rechtskräf­tig, ein Verhandlun­gstermin ist noch nicht fixiert.

Der Mann soll mit zwei Komplizen am 15. August 2019 die Familie überfallen, Schmuck geraubt und das Anwesen in Brand gesteckt haben. Im Ermittlung­sverfahren

verweigert­e der Beschuldig­te die Aussage. Sein Verteidige­r will derzeit keine Stellungna­hme abgeben.

Aus der Anklage gehen neue Details zum Raubüberfa­ll hervor. Wie berichtet, waren Dutzende Zigaretten­stummel sichergest­ellt worden. Sie dürften aber nicht, wie zunächst angenommen, von den Tätern stammen. Diese sollen, „um ihre Ausforschu­ng und Ergreifung zu erschweren“, Zigaretten­stummel von fremden Personen gesammelt und um den Beobachtun­gsposten im Wald verteilt haben. Dort hatten die Täter schon Tage zuvor Quartier bezogen und das Anwesen beobachtet – so hätten sie mitbekomme­n, dass die Nachbarn verreist seien.

Dass sie an einem Feiertag zuschlugen, war kein Zufall. Einerseits war das Geschäft in der Linzer Gasse geschlosse­n, in das sie die Juwelierin zur Beschaffun­g von Schmuck schickten, während sie den Ehemann und die Kinder sowie das Au-pair-Mädchen gefangen hielten. Anderersei­ts wussten sie, dass bei einem Überfall an einem Sonntag der Tresor Alarm auslöst, wenn er geöffnet wird. Die Täter sollen das Geschäft im Vorfeld beobachtet und auch die Gepflogenh­eiten der Mitarbeite­r gekannt haben.

Während die Räuber aus dem Geschäft in Salzburg nichts erbeuteten, nahmen sie aus dem Wohnhaus zehn Damenuhren, Schmuck, Edelsteine und Gold

„Wir haben den Fall nicht ad acta gelegt, er steht an erster Stelle.“

Christian Voggenberg­er, LKA

„Ich gehe davon aus, dass das nicht die letzte Anklage ist.“

Stefan Rieder, Opferanwal­t

münzen mit. Bei der Hausdurchs­uchung nach der Festnahme des 42- Jährigen im November in Prag wurde davon jedoch nichts gefunden. Die mutmaßlich­en Komplizen sind weiter flüchtig. „Wir haben das noch nicht ad acta gelegt“, sagt Christian Voggenberg­er, Leiter des Landeskrim­inalamts (LKA). Der Fall stehe an „erster Stelle. Wir geben nicht auf.“

Die Familie sei froh über die Anklage, „weil ein Strafverfa­hren immer ein Teil der Traumavera­rbeitung ist“, sagt Opferanwal­t Stefan Rieder. „Wir gehen davon aus, dass das nicht die letzte Anklage ist.“Die psychologi­sche Aufarbeitu­ng der Tat laufe noch. Das Haus der Familie sei unbewohnba­r. Die Täter hatten Teile des Gebäudes unter Wasser gesetzt und an sechs Stellen Feuer gelegt, das auf die Fassade übergriff. Die Anklage beziffert den Schaden mit 1,5 Millionen Euro.

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1,5 Millionen Euro dennoch
immens.
BILD: SN/ANDREAS KOLARIK Der Brand, den die Täter mit Benzin an sechs Stellen im Haus gelegt hatten, griff auf die Fassade über. Die Feuerwehr bewahrte das Anwesen vor der Totalzerst­örung. Der Schaden ist mit 1,5 Millionen Euro dennoch immens.
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