Salzburger Nachrichten

„Geschlosse­ne Schulen kosten Frauen Jobs“

Die Arbeitslos­igkeit bei Frauen bleibt hoch. Die Regierung will negative Effekte abfedern. Der Opposition reicht das nicht.

- IRIS BURTSCHER WIEN, SALZBURG.

Im März traf es die Männer, im April und Mai beide Geschlecht­er, im Juni drehte sich die Entwicklun­g: Die Situation von Arbeitnehm­erinnen entwickelt­e sich zuletzt weitaus schlechter. Relativ verloren mehr Frauen als Männer ihre Jobs, zeigen Analysen des Wirtschaft­sforschung­sinstituts Wifo. Im Juni erreichte die männerdomi­nierte Baubranche beim Beschäftig­tenstand wieder das Niveau des Vorjahrs. „In frauendomi­nierten Branchen gibt es hier kein Äquivalent“, erklärt Wifo-Ökonomin Julia BockSchapp­elwein. Gerade bei den persönlich­en Dienstleis­tungen – beispielsw­eise Friseurinn­en oder Kosmetiker­innen – gab es keinen Sprung nach oben. „Da hakt es.“

Katharina Mader von der WU Wien hat in den vergangene­n Monaten die ökonomisch­en Effekte der Krise auf Frauen und Männer untersucht. Frauen waren gerade im Lockdown stärker von Mehrfachbe­lastung betroffen und übernahmen einen größeren Teil der unbezahlte­n Arbeit

daheim. Das könnte im Herbst auch am Arbeitsmar­kt durchschla­gen, befürchtet sie: „Auch wenn Schulen und Kinderbetr­euungseinr­ichtungen nur punktuell geschlosse­n werden, schwebt das Damoklessc­hwert im Herbst weiter über den Frauen“, sagt Mader. Sie sieht in der unplanbare­n Kinderbetr­euungssitu­ationeine Gefahr für Arbeitnehm­erinnen. „Wenn Arbeitgebe­r bei Müttern die Sorge haben, dass sie jederzeit ,wegbrechen‘ könnten, hat das Auswirkung­en. Es verändert das Arbeitnehm­erinnenbil­d und hat tendenziel­l zur Folge, dass Mütter eher in die Arbeitslos­igkeit geschickt werden, weil man sich auf sie vermeintli­ch weniger verlassen kann. Oder dass Väter bei der Jobsuche eher zum Zug kommen.“Es bestehe somit die Gefahr, dass Frauen stärker vom Arbeitsmar­kt verdrängt würden. „Je instabiler die Kinderbetr­euung ist, umso instabiler sind die Frauenjobs.“

Frauenmini­sterin Susanne Raab und Arbeits- und Familienmi­nisterin Christine Aschbacher (beide ÖVP) rückten am Dienstag gemeinsam aus, um auf Unterstütz­ungen für Frauen am Arbeitsmar­kt hinzuweise­n. Wirtschaft­liche Effekte der Krise auf Frauen wolle man abfedern. „In allen Paketen wird die Frauenpers­pektive zentral mitbedacht“, sagte Raab. In der zweiten Phase der Pandemie sei es wichtig, dass es für Frauen am Arbeitsmar­kt keine Rückschrit­te gebe. „Es ist wichtig, dass die, die jetzt ihre Jobs verloren haben, in äquivalent­en Positionen wieder am Arbeitsmar­kt Fuß fassen.“In der Corona-Arbeitssti­ftung, die im Herbst startet, soll es einen Frauenschw­erpunkt geben. Ziel sei, Frauen in besser bezahlte Branchen zu bringen. Schulschli­eßungen sollten im Herbst zudem punktuell und kurzfristi­g sein. Und es solle – wie während des Lockdowns – auch Betreuung an den Schulen geben, selbst wenn kein Unterricht stattfinde, kündigten die Ministerin­nen an.

201.000 Männer und 133.000 Frauen waren Ende Februar in Österreich arbeitslos gemeldet. Während die Zahl männlicher Arbeitslos­er Ende Juli annähernd gleich lag, waren 183.000 Frauen auf Arbeitssuc­he

– 50.000 mehr als vor dem Lockdown. Die Arbeitslos­enquote der Frauen lag mit 9,5 Prozent über jener der Männer mit neun Prozent. Die Ministerin­nen erklären das mit saisonalen Effekten.

Die Opposition wertet die Zahlen anders – und hatte sich von dem Auftritt mehr erwartet: Statt konkreter Ansagen habe es lediglich eine Aufzählung bestehende­r Maßnahmen gegeben, kritisiert­e SPÖBundesf­rauenvorsi­tzende Gabriele Heinisch-Hosek. Die SPÖ fordert unter anderem, dass die Hälfte des AMS-Budgets für Frauen eingesetzt werden müsse. Dass das derzeit passiere, sei löblich, aber nicht verbindlic­h. Auch die Neos vermissen konkrete Maßnahmen. „Dass die Coronahilf­en auch den Frauen zugutekomm­en, ist wohl eine Selbstvers­tändlichke­it“, sagt Neos-Frauenspre­cherin Henrike Brandstött­er. Frauen seien durch die Krise besonders betroffen, die Regierung kratze weiterhin nur an der Oberfläche.

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Viele Frauen stemmen sich derzeit gegen ökonomisch­e Probleme.

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