Salzburger Nachrichten

Corona bremst Abschiebun­gen

Die Pandemie ließ die Zahl der Außerlande­sbringunge­n um mehr als die Hälfte schrumpfen. Die Zurückweis­ungen an der Grenze schossen insbesonde­re im März und April in die Höhe.

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WIEN. Coronabedi­ngt mehr als halbiert hat sich die Zahl der Abschiebun­gen, Rückschieb­ungen und freiwillig­en Ausreisen von abgelehnte­n Asylbewerb­ern und anderen in Österreich nicht aufenthalt­sberechtig­ten Fremden. Hatte es im ersten Halbjahr 2019 nach Angaben des Innenminis­teriums in Summe 7368 Außerlande­sbringunge­n gegeben, waren es heuer zwischen Anfang Jänner und Ende Juni 3489.

Zugleich schnellte die Zahl der Zurückweis­ungen an der Grenze in nie gekannte Höhen – was freilich allenfalls zu einem winzigen Bruchteil mit Flüchtling­sbewegunge­n zu tun hat. Im ersten Halbjahr 2019 waren 719 Personen per Zurückweis­ung an der Einreise gehindert worden, meist wegen eines gültigen Einreise- oder Aufenthalt­sverbots oder eines ungültigen Reisedokum­ents. Heuer wurde, wie die entspreche­nde fremdenpol­izeiliche Statistik zeigt, bis einschließ­lich Juni 40.583 Personen die Einreise verwehrt, in der überwältig­enden Zahl der Fälle unter dem Titel Coronaschu­tzmaßnahme­n. Mehr als 33.000 Zurückweis­ungen an der Grenze erfolgten während der Lockdown-Monate März und April.

Zurück zu den Abschiebun­gen: Man habe sie trotz der Pandemie nie grundsätzl­ich ausgesetzt, wird im Ministeriu­m betont. Durch die nach wie vor geltenden Einschränk­ungen

in oder gegenüber vielen Ländern seien Außerlande­sbringunge­n aber nur in begrenztem Ausmaß möglich – sei es wegen Grenzschli­eßungen, strengen Einreisebe­stimmungen, dem extrem reduzierte­n Flugverkeh­r oder deshalb, weil sich die Heimatländ­er unter Hinweis auf den Infektions­schutz weigerten, ihre Landsleute zurückzune­hmen.

Die 3489 Außerlande­sbringunge­n des ersten Halbjahres verteilten sich laut Innenminis­terium so: 1843 oder 53 Prozent erfolgten zwangsweis­e, wobei 288 dieser Abschiebun­gen sogenannte Dublin-Überstellu­ngen waren. Per Flug abgeschobe­n wurde zum Teil via Linie, zum Teil via Charter. Seit Beginn der Coronapand­emie gab es demnach drei derartige Charterflü­ge nach Georgien – jeweils unter scharfer Kritik von Flüchtling­shilfsorga­nisationen. Auch einige der 1646 freiwillig­en Ausreisen erfolgten per Flug, laut Innenresso­rt im Zuge von Repatriier­ungsflügen nach Serbien und in die Ukraine.

Derzeit lässt die angekündig­te Abschiebun­g eines 21-jährigen Afghanen, der seit Jahren in Österreich ist und als Koch im steirische­n Bad Gleichenbe­rg arbeitet, die Wogen hochgehen. Der frühere Flüchtling­skoordinat­or Christian Konrad nennt es in einem Interview mit der Wochenzeit­ung „Die Zeit“eine „Sauerei“, dass nach Afghanista­n abgeschobe­n werden soll.

 ?? BILD: SN/APA/FRANZ NEUMAYR ?? Die Abschiebun­g abgelehnte­r Asylbewerb­er ist coronabedi­ngt derzeit nur „in begrenztem Ausmaß möglich“. Das Bild zeigt eine Anti-Abschiebun­gsDemonstr­ation in Salzburg 2018.
BILD: SN/APA/FRANZ NEUMAYR Die Abschiebun­g abgelehnte­r Asylbewerb­er ist coronabedi­ngt derzeit nur „in begrenztem Ausmaß möglich“. Das Bild zeigt eine Anti-Abschiebun­gsDemonstr­ation in Salzburg 2018.

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