Jeder Vierte spielt auf dem Handy
Innovationen befeuern den Trend mobiles Gaming. Dabei zocken nicht nur Jugendliche. Die größte Zielgruppe ist gar eine andere.
SALZBURG. Der Anblick ist doch etwas skurril: Ein Gamer hat seinen Spielcontroller in der Hand. Solch einen, wie man ihn von der XboxKonsole kennt. Doch vor ihm hat er keinen TV-Monitor aufgebaut. Stattdessen klemmt nur wenige Zentimeter über dem Controller ein Smartphone in einer Halterung – und dient als Spielcomputer.
Vergangene Woche präsentierte Samsung das Note 20. Wer das neue Smartphone des Elektronikriesen vorbestellt, bekommt den eigenwilligen Gamingcontroller dazu geschenkt. Dass Samsung den Moga XP5-X+, so der umständliche Name des Geräts von PowerA, mitliefert, ist ein klarer Fingerzeig, welches Publikum angesprochen werden soll. Nämlich Smartphone-Gamer. Und das aus gutem Grund: Laut einer GfK-Studie von Ende 2019 vertreiben sich allein in Österreich 5,3 Millionen Menschen mehrmals pro Monat mit Videospielen ihre Zeit. Und bei diesen ist wiederum das Smartphone das beliebteste Gerät – 44 Prozent setzen auf das Handy, 26 Prozent auf eine Konsole. Rechnet man den Anteil auf die Gesamtbevölkerung hoch, spielt grob jeder vierte Österreicher regelmäßig auf seinem Smartphone.
Der Trend zum Handy als Spieleplattform werde sogar noch stärker werden, sagt Alexander Pfeiffer. Der gebürtige Österreicher ist Spieleforscher am MIT, dem Massachusetts Institute of Technology. „Der mobile Markt ist die Geldmaschine der Gamingbranche“, schildert er. Zwar gebe es „viel Schrott“– gemeint sind etwa die zahlreichen simplen Mini Games –, aber auch Perlen. Das Spiel „Pokémon Go“, bei dem die Nutzer auf Monsterjagd gehen, sei solch ein „Leuchtturmbeispiel“.
Die technologische Entwicklung spiele dem mobilen Gaming in die Karten, ergänzt der Experte. Die Leistungsfähigkeit der Smartphones oder deren Bildschirmqualität würden immer besser. Dazu komme bald 5G: Dank des neuen schnelleren Mobilfunkstandards könnten Spiele ohne merkbare Verzögerungen direkt per Internet gestreamt werden. Auch diesem Schritt baut etwa Samsung vor. Für das Note-20-Smartphone wird ebenso ein Xbox Game Pass Ultimate angeboten – und somit die Möglichkeit, Spiele der Gamingkonsole Xbox via Stream direkt auf dem Smartphone zu zocken.
Wird das Handy die Spielkonsolen irgendwann gar ganz ersetzen? Der kleine Bildschirm bleibe eine Hürde, meint Pfeiffer. Aber: „Irgendwann kann es sein, dass die Handys flächendeckend als Konsole dienen, von denen auf einen größeren Monitor gestreamt wird.“
Die Coronakrise habe die Gamingbranche indessen allgemein beflügelt. „Gaming ist sicher einer der Krisengewinner“, sagt Pfeiffer. Die These belegen auch die kürzlich veröffentlichten Quartalszahlen der Spieleriesen wie Nintendo oder Sony. Allein bei Nintendo war der Gewinn sechs Mal höher als im Vergleichszeitraum 2019. Besonderer Umsatztreiber war „Animal Crossing“– ein Spiel, bei dem die Nutzer eine Inselwelt besiedeln müssen.
Die Gründe für den Aufschwung liegen für Pfeiffer auf der Hand: Als Leute kaum ins Freie durften, hätten sie mehr gespielt. Dazu sei schon in der Finanzkrise 2008 aufgefallen, dass in finanziell angespannten Zeiten mehr gezockt werde – da vor allem die schlanken Smartphone-Spiele oft nur ein paar Euro kosten.
Und wer meint, der Trend sei ein reines Jugendphänomen, der irrt. Laut der GfK-Studie ist Gaming anteilig zwar bei den Zehnbis 15-Jährigen am populärsten. Die nominell stärkste Gruppe ist aber die Generation 50 plus: 1,2 Millionen Österreicher mit mehr als 50 Lebensjahren spielen regelmäßig. Das Durchschnittsalter der Zocker liegt bei 35 Jahren.
Doch selbst Gamingforscher Pfeiffer wünscht sich, dass nach dem Abklang der Coronapandemie etwas weniger gespielt wird. „Hoffentlich gehen die Leute dann auch wieder öfter raus.“