Der Faulenzerdschungel
Zwischen Steinwüsten und Prachtgärten gibt es ein drittes Konzept beim Garteln.
In manchen deutschen Bundesländern sollen Kiesgärten verboten werden. Das sind jene Steinwüsten um die Häuser von Mitmenschen, die offensichtlich an extremer Chlorophyllallergie oder Anthophobie leiden und die nicht nur das Mikroklima aufheizen, sondern auch Insekten keine Chance zum Überleben bieten, wenn sie nicht überhaupt mit Pestiziden vor jedem Hauch von Grün „beschützt“werden. Auf der anderen Seite der Skala schaffen manche Menschen wahre gartlerische Kunstwerke, die selbst André Heller zum Staunen brächten, und wenden für diese Passion unendlich viel Mühe und Zeit auf. Aber was soll man tun, wenn man nicht so viel Aufwand betreiben, aber trotzdem gerne inmitten eines ständig blühenden Umfelds übersommern möchte?
Meine langjährige Mitbewohnerin hat da einen fast genialen Kompromiss gefunden. Mit drei Halbtagen Arbeit entsteht eine Art chaotischer Dschungel, der so gut wie ohne Pflege in abwechselnder Folge die verschiedensten Blüten hervorbringt. Das beginnt meistens mit dem knallroten Strauchmohn, den Edelbuttableameln (Trollblumen) und dem normalen, violetten Mohn, gefolgt von Strauchrosen, Natterngold, Rittersporn und Malven. Später kommen Beinwell, Ringelblumen, eine gelbe, margeritenartige Armada (Erdbirne?), Blutweiderich, Sonnenhut und Sonnenauge und zum Schluss die Sonnenblumen und Astern. Und für diese bunte Pracht muss man nur bei extremer Trockenheit ein wenig bewässern und hie und da ein Bambussteckerl aufstellen. Ein halbes Jahr lang schwirrt und summt es in diesem Dschungel und am Ende holen sich die Vögel die Kerne der Sonnenblumen, die im Winter auch mit Schneehäubchen witzig ausschauen. Ich glaube, meine Mitbewohnerin sollte ein Buch schreiben.