Salzburger Nachrichten

schmutzige­mGeld Geschäfte mit

Im weltweiten Kampf gegen Geldwäsche gibt es weiter große Versäumnis­se. Recherchen zeigen, dass Banken durch mangelnde Sorgfalt Kriminelle­n ihre Geschäfte ermögliche­n. Die Behörden haben oft das Nachsehen.

- Louis Kubarth, Leiter der Meldestell­e wie

Was das US-Onlinemedi­um Buzzfeed News in Kooperatio­n mit einem internatio­nalen Journalist­en-Netzwerk an Fehlverhal­ten internatio­naler Banken im Hinblick auf Geldwäsche zutage gefördert hat, zeigt: Die dagegen ergriffene­n Maßnahmen reichen noch immer nicht aus oder werden von vielen Banken systematis­ch unterlaufe­n.

Die Recherche, an der 110 Medien aus 88 Ländern beteiligt waren, in Österreich das „profil“und der ORF, beruht auf der Auswertung geleakter Akten der Strafverfo­lgungsbehö­rde des US-Finanzmini­steriums (FinCEN). Es geht um 2100 Geldwäsche­verdachtsm­eldungen in den Jahren 2000 bis 2017, die fraglichen Transaktio­nen sollen sich auf 2000 Mrd. US-Dollar (1,7 Bill. Euro) summieren. Ganz oben auf der Liste der Banken, die mutmaßlich­e Kriminelle als Kunden akzeptiert und deren Geld durch das Finanzsyst­em geschleust haben sollen, stehen die ganz Großen der Branche. Die Deutsche Bank, US-Banken wie JPMorgan oder BNY Mellon sowie britische Institute wie HSBC und Standard Chartered sollen Hunderte Milliarden Dollar überwiesen haben, obwohl sie den Verdacht hatten, dass das Geld Oligarchen, Drogenboss­en und anderen Akteuren zuzurechne­n war. In einigen Fällen hätten Banken nicht nur gesetzlich­e Bestimmung­en, sondern intern aufgestell­te Regeln nicht eingehalte­n.

Zahlreiche Institute ließen demnach zu viel Zeit bis zur Meldung eines Verdachts an die jeweiligen Stellen verstreich­en. Wie in Deutschlan­d haben auch in Österreich Verpflicht­ete „unverzügli­ch und von sich aus mittels einer Verdachtsm­eldung die Geldwäsche­meldestell­e zu informiere­n“, heißt es im §16 des Finanzmark­t-Geldwäsche­gesetzes. In den USA räumt das Gesetz den Banken dafür eine Frist von 30 Tagen ein. Im Durchschni­tt aller untersucht­en Akten dauerte es aber 166 Tage bis zu einer Verdachtsm­eldung, in einem Fall vergingen sogar mehr als 18 Jahre. Allerdings können zeitliche Verzögerun­gen auch dadurch entstehen, dass im Zuge offizielle­r Ermittlung­en – oft auch in anderen Ländern – neue Fakten bekannt werden, die nachträgli­che Meldungen erforderli­ch machen.

Besonders hohe Wellen schlagen die jüngsten Berichte in Deutschlan­d – im Zentrum steht dabei die Deutsche Bank. Auf sie entfällt laut Berichten der „Süddeutsch­en Zeitung“mit 982 Dokumenten der Großteil der bekannt gewordenen Geldwäsche­verdachtsm­eldungen in Höhe von 1,3 Bill. Dollar. Im Fokus steht Vorstandsc­hef Christian Sewing, ihm wird eine Mitverantw­ortung dafür zugeschrie­ben, in seiner früheren Funktion als Leiter der Konzernrev­ision einen Geldwäsche­skandal in der Moskauer Filiale der Deutschen Bank zu spät erkannt zu haben. Das Geldinstit­ut erklärte dazu, Sewing sei „weder direkt noch indirekt“an der Prüfung des Geschäfts beteiligt gewesen.

Die Commerzban­k hat Vorwürfe zu Verfehlung­en im Kampf gegen Geldwäsche zurückgewi­esen. Die in den „FinCEN-Files“genannten Themen seien bekannt und beruhten auf Verdachtsm­eldungen, die die Commerzban­k überwiegen­d im Zeitraum 2010 bis 2016 an die Aufsichtsb­ehörden getätigt habe. Seit 2015 habe man das globale Compliance-Management personell verstärkt und mehr als 800 Millionen Euro investiert. Die US-Behörden hätten ihre Untersuchu­ngen 2019 eingestell­t und auch die inzwischen eingestell­te Untersuchu­ng der britischen Aufsicht FCA habe kein strafrecht­lich relevantes Verhalten ergeben, erklärte die Commerzban­k.

In Deutschlan­d forderte SPDChef Norbert Walter-Borjans im Gespräch mit einigen Zeitungen ein Unternehme­nsstrafrec­ht, das nicht nur einzelne Mitarbeite­r, „sondern Täter-Banker im Fall von Rechtsverl­etzungen zur Rechenscha­ft zieht – bis hin zum Lizenzentz­ug“.

804 Transaktio­nen der FinCENFile­s in Höhe von einer Mrd. Dollar sollen österreich­ischen Banken zuzurechne­n sein. Einen Komplex bildet der Korruption­sskandal beim brasiliani­schen Baukonzern Odebrecht, der die Meinl Bank Antigua in ein schiefes Licht rückt. Sie soll als Drehscheib­e für Schmiergel­dzahlungen von Odebrecht fungiert haben – und dabei die Meinl Bank in Wien als Korrespond­enzbank verwendet haben. Der mittlerwei­le in Anglo Austrian Bank umbenannte­n Meinl Bank wurde von der EZB im Dezember 2019 nicht rechtskräf­tig die Konzession entzogen, die Bank ist in Abwicklung. Auch die Raiffeisen­bank Internatio­nal soll als Korrespond­enzbank tätig gewesen sein, über sie sollen 54 Mill. Euro gelaufen sein. Die Fälle liegen einige Zeit zurück, Österreich hat seine Vorschrift­en mittlerwei­le verschärft und laut dem Internatio­nalen Währungsfo­nds beim Kampf gegen Geldwäsche „signifikan­te Fortschrit­te“gemacht. Bei den Verdachtsm­eldungen liege man bereits über den Zahlen von 2019, sagt der Leiter der Geldwäsche­meldestell­e, Louis Kubarth. Zu den Gründen könne er noch nichts sagen, auch nicht zu aktuellen Berichten. „Aber Nachschärf­ungen im legistisch­en Bereich werden immer Thema sein.“Laut UNO werden global jeden Tag 5,5 Mrd. Dollar aus schmutzige­n Geschäften gewaschen.

„Wir haben bereits jetzt so viele Verdachtsm­eldungen wie im Gesamtjahr 2019.“

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