Furcht vor einer drohenden Reisewarnung für Salzburg
Die Sperrstunde in der Gastronomie wird ab Freitag in Salzburg, Tirol und Vorarlberg mit 22 Uhr festgesetzt. Schuld daran sollen ausufernd Feiernde sein.
Wien und Innsbruck sind im Ausland bereits auf der „roten Liste“. Salzburg fürchtet nach steigenden Infektionszahlen nun auch eine Reisewarnung für die Landeshauptstadt oder das gesamte Bundesland – was in Hinblick auf die Wintersaison verheerend für den Tourismus wäre. „Ich will, wenn es irgendwie geht, eine Reisewarnung verhindern“, sagt Salzburgs Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP). Beunruhigt haben den Stadtchef vor allem die Bilder vom Wochenende, als Jugendliche am Rudolfskai ausgelassen feiern – ohne Maske oder Sicherheitsabstand.
So wie in Tirol und Vorarlberg wird nun auch in Salzburg ab Freitag die Sperrstunde für alle Lokale mit 22 Uhr festgesetzt. Die Maßnahme ist vorerst auf drei Wochen befristet.
Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) betont: „Die aktuelle Entwicklung macht eine Vorverlegung der Sperrstunde zwingend notwendig, da eine der größten Verbreitungsgefahren auf ausufernde Feiern in Nachtlokalen zurückzuführen ist. Kurzsichtige
Leichtsinnigkeit bringt nicht nur eine ganze Branche unter Druck, sondern bedroht unser ganzes Land mit Reisewarnungen und einem zweiten Lockdown.“
Die Vorverlegung der Sperrstunde ist für Barbetreiber bitter. Die Angst vor einer Reisewarnung aus dem Ausland scheint aber zu überwiegen.
Salzburg, Tirol und Vorarlberg setzen aus Sorge um ihren Wintertourismus einen drastischen Schritt. In Absprache mit dem Kanzleramt und vorerst befristet auf drei Wochen ziehen die drei westlichen Bundesländer die Sperrstunde für die gesamte Gastronomie von derzeit 1 Uhr auf 22 Uhr vor. „Es handelt sich gewiss um einen harten Eingriff. Er wird aber viel Wirkung entfalten“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz im SNGespräch.
Grund für die Maßnahme seien die hohen Coronainfektionszahlen, die den Tourismus gefährdeten. Mit der 22-Uhr-Sperrstunde wolle man die Ansteckungsgefahr minimieren. Die Maßnahme ist wohl auch als Signal an jene Länder gedacht, deren Bürger traditionell ihren Winterurlaub in Österreich verbringen. Und die, wie zuletzt die Niederlande, nach und nach Reisewarnungen für Österreich – oder zumindest für bestimmte Regionen Österreichs – verhängen.
„Speziell für den Tourismus und den Handel wird die Lage immer dramatischer, hier geht es nun um die Rettung von Zehntausenden Arbeitsplätzen“, argumentierte Kurz. Die Vorverlegung der Sperrstunde sei deshalb entscheidend für die Pandemiebekämpfung, „da besonders viele Infektionen bei ausgelassenen Feiern und Festen auftreten“.
Während die drei westlichen Landeshauptleute in einer gemeinsamen Aussendung die Maßnahme lobten, gibt es bei den Betroffenen auch Widerstand. Franz Hörl, Österreichs Seilbahnensprecher und Hotelier im Tiroler Zillertal, fürchtet mit der vorgezogenen Sperrstunde um die Gastfreundlichkeit im Land. „Ich stelle mir Gäste beim Stanglwirt vor, die um 22 Uhr gerade ihr Abendessen beendet haben und dann den Löffel fallen lassen müssen“, schildert Hörl und meint: „Wir sind ja nicht im Kindergarten.“Man sollte vielmehr darauf schauen, ab 23 Uhr Ausschweifungen in Diskotheken oder bei privaten Feiern in den Griff zu bekommen.
Die Hoteliers-Interessenvertretung ÖHV fordert einen finanziellen Ausgleich für die Vorverlegung der Sperrstunde. ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer sagte, um Betriebsschließungen aus Verzweiflung zu verhindern, brauche das Gastgewerbe rasch einen „Schutzschirm“. Von 12 Milliarden Euro für den Fixkostenzuschuss seien bisher „noch keine 300 Millionen Euro ausbezahlt“worden. „Ein Bruchteil davon reicht, um die programmierten Einnahmenausfälle zu kompensieren. Das muss jetzt genauso rasch und unkompliziert gehen wie die Vorverlegung der Sperrstunde“, sagte Reitterer.
Bundeskanzler Kurz äußerte am Dienstag die Hoffnung, dass „auch andere Bundesländer, insbesondere jene mit hohen Infektionszahlen“, dem Beispiel von Salzburg, Tirol und Vorarlberg folgen. Das ist aber nicht der Fall. Wien, das ebenfalls vom drohenden Ausfall des Wintertourismus stark betroffen sei, werde
Niederländische Warnung.
Die Sorge der heimischen Politik, dass die Coronapandemie die bevorstehende Wintersaison verhageln könnte, erhielt am Dienstag neue Nahrung. Die niederländische Regierung erließ eine Reisewarnung für Wien und Innsbruck: Wer von diesen beiden Städten in die Niederlande reist, muss ab sofort für zehn Tage in häusliche Quarantäne. Zwar sind die Flughäfen Wien und Innsbruck (den viele niederländische Wintersportler ansteuern) ausdrücklich von dieser Regelung ausgenommen. Dennoch dürfte die Reisewarnung für die Tiroler Landeshauptstadt die Bereitschaft der Niederländer, einen Winterurlaub in Tirol zu buchen, nicht eben befeuern.
Innsbruck liegt an der Spitze. Innsbruck zählt schon seit Tagen zu den Gebieten mit den höchsten bei der Sperrstunden-Vorverlegung der drei westlichen Bundesländer nicht mitziehen, sagte Bürgermeister Michael Ludwig am Rande einer Pressekonferenz. Diese Vorgangsweise sei auch mit Niederösterreich abgestimmt worden, betonte er. Ludwig kritisierte die „HüHott-Politik“, bei der bestehende Coronavirus-Neuinfektionen Österreichs. Mit einem Siebentageswert von 136,25 Infektionen pro 100.000 Einwohner liegt die Tiroler Landeshauptstadt aktuell an der Spitze aller Bezirke Österreichs, noch vor dem Bundesland Wien mit 113,73. Auch der Bezirk Landeck (85,7 Neuinfektionen) ist stark betroffen. In Vorarlberg liegt der Bezirk Dornbirn mit 92,3 Infektionen an der Spitze. Salzburg steht vergleichsweise gut da. Coronaspitzenreiter unter den Bezirken ist der Pongau mit 55,8 Infektionen. SalzburgStadt weist 46 Neuinfektionen auf.
Die Grenzen gehen zu. Auch andere Länder warnen ihre Bürger bereits ausdrücklich davor, nach Österreich zu reisen. In Belgien müssen Personen, die sich in den vergangenen 14 Tagen in Wien aufgehalten haben, einen PCR-Test durchführen. Auch Dänemark setzte Österreich auf die „rote Liste“.
Maßnahmen ständig geändert würden. Dies sei für die Bevölkerung irritierend. Im Büro von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker erfuhren die SN, dass sich Wien statt einer früheren Sperrstunde eine Registrierungspflicht für Gäste wünsche, wie sie etwa in Bayern besteht. „Damit könnte man rasches Con
Deutschland beschränkt sich bei seinen Restriktionen auf Reisende aus Wien: Diese müssen einen negativen Coronatest vorweisen oder sich für zwei Wochen in Quarantäne begeben. Auch in der Schweiz gilt für Einreise aus Wien eine Quarantänepflicht.
Stornos bleiben nicht aus.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter „bedauerte“die Reisewarnung der Niederlande für Innsbruck. Die Leiterin der Marketingabteilung des Innsbruck Tourismusverbands (ITV), Esther Wilhelm, berichtete von ersten negativen Auswirkungen. „Schon kurz nach der Ankündigung haben Hotels die ersten Stornos verkündet“, sagte sie der APA. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger berichtete, dass bereits die deutsche Reisewarnung vor Wien „sehr viele Urlauber“dazu gebracht habe, Reisen zu stornieren. tact-Tracing durchführen. Doch das ist im neuen Epidemiegesetz leider nicht vorgesehen“, bedauert ein Sprecher Hackers, der über die Maßnahme der drei westlichen Bundesländer übrigens, wie sein Büro betont, erst aus den Medien erfahren hat.
Auch aus den übrigen Bundesländern verlautete, dass sie sich der Vorverlegung der Sperrstunde nicht anschließen werden. Dort dürfen die Gaststätten, wie es die sogenannte Covid-Lockerungsverordnung vorsieht, zwischen 5 Uhr früh und 1 Uhr nachts geöffnet bleiben.
Unsicherheit besteht in der Gastronomie übrigens auch über die von der Regierung kommunizierte Regel, dass pro Tisch nur zehn Gäste (plus deren Kinder) erlaubt seien. Dies könnte so interpretiert werden, dass die Wirte größere Familienoder Firmenfeiern auf mehrere Zehnertische aufteilen können. Dem steht der Wortlaut der Verordnung entgegen, die nicht auf die Tischgröße, sondern auf die Gruppengröße abzielt. Dort heißt es, der Wirt dürfe nur „Besuchergruppen einlassen, wenn diese aus maximal zehn Erwachsenen zuzüglich ihrer minderjährigen Kinder“bestehen. Essen und trinken dürfen die Gäste nur im Sitzen an ihren Tischen (im Amtsdeutsch: Verabreichungsplätzen), nicht aber an der Bar. Denn: Speisen und Getränke dürfen „nicht in unmittelbarer Nähe der Ausgabestelle“genossen werden.
„Hü-Hott-Politik irritiert die Menschen.“