Frühe Sperrstunde soll den Wintertourismus retten
Für die Nachtgastronomie bedeutet die neue Regelung einen zweiten Lockdown. Der Staat muss sie voll entschädigen.
Deutschland, Belgien, die Niederlande und auch Dänemark warnen mittlerweile nicht nur vor Reisen nach Wien, sondern nehmen auch Innsbruck auf die „rote Liste“. Schon bald könnten Vorarlberg, ganz Tirol und das Land Salzburg folgen. Das hieße schon jetzt: Wintertourismus ade. Mehr als 60 Prozent der Skitouristen in Österreich kommen aus diesen Ländern.
Die Vorverlegung der Sperrstunde in den drei westlichen Bundesländern ist daher wohl in erster Linie als präventive touristische Rettungsmaßnahme zu sehen. Gelingt es, die Infektionszahlen durch diese und andere Vorschriften im Zaum zu halten und wieder zu verringern, so bleiben die Chancen auf eine Wintersaison zumindest bestehen.
Die Polizeistunde um 22 Uhr trifft alle Betreiber von Restaurants und Wirtshäusern hart. Sie haben aber noch die Chance, ihr Essens-Geschäft tagsüber und am Abend zumindest halbwegs zu machen. Bars und Nachtlokale brauchen unter diesen Bedingungen aber erst gar nicht aufzusperren. Zu dieser Zeit gehen die Gäste normalerweise erst aus und nicht schon wieder heim. Für diese Art der Gastronomie ist die Sperre tatsächlich ein zweiter Lockdown, den alle Verantwortungsträger zumindest offiziell immer vermeiden wollten. Der Staat muss diese Unternehmer daher voll entschädigen und vor dem Ruin bewahren.
Mit billigen Überbrückungshilfen und Steuerstundungen kann er sich diesmal nicht mehr aus der Verantwortung stehlen.
Offen bleibt die Frage, warum die neue Sperrstunde nur in den drei westlichsten Bundesländern, aber nicht in Wien gilt, das ja der infektiöse Hotspot in Österreich schlechthin ist. Steckt politische Taktik dahinter? Spielt die Wahl am 11. Oktober eine Rolle? Will sich Wien nicht den Zorn der ausgehfreudigen Jugend zuziehen? Oder wurden die roten Wiener von der schwarzen Westachse bewusst nicht informiert?
Im Gegensatz zur Gastronomie selbst werden besonders unternehmungslustige Salzburger, Tiroler und Vorarlberger die zunächst auf drei Wochen begrenzte Sperrstunde durch einen verstärkten Rückzug ins Private überdauern wollen. Partykeller, Heustadlbars und Vereinslokale leben wieder auf. Sie haben der Gastronomie schon bisher das Leben schwergemacht. Jetzt wird es noch schwerer.
Nichts gewonnen ist mit der frühen Sperrstunde, wenn sich nach 22 Uhr der öffentliche Raum vor den Lokalen zur großen Partyzone verwandelt. Dort tragen dann nicht mehr die Wirte die Verantwortung, sondern die Politiker.