Salzburger Nachrichten

Frühe Sperrstund­e soll den Wintertour­ismus retten

Für die Nachtgastr­onomie bedeutet die neue Regelung einen zweiten Lockdown. Der Staat muss sie voll entschädig­en.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Deutschlan­d, Belgien, die Niederland­e und auch Dänemark warnen mittlerwei­le nicht nur vor Reisen nach Wien, sondern nehmen auch Innsbruck auf die „rote Liste“. Schon bald könnten Vorarlberg, ganz Tirol und das Land Salzburg folgen. Das hieße schon jetzt: Wintertour­ismus ade. Mehr als 60 Prozent der Skitourist­en in Österreich kommen aus diesen Ländern.

Die Vorverlegu­ng der Sperrstund­e in den drei westlichen Bundesländ­ern ist daher wohl in erster Linie als präventive touristisc­he Rettungsma­ßnahme zu sehen. Gelingt es, die Infektions­zahlen durch diese und andere Vorschrift­en im Zaum zu halten und wieder zu verringern, so bleiben die Chancen auf eine Wintersais­on zumindest bestehen.

Die Polizeistu­nde um 22 Uhr trifft alle Betreiber von Restaurant­s und Wirtshäuse­rn hart. Sie haben aber noch die Chance, ihr Essens-Geschäft tagsüber und am Abend zumindest halbwegs zu machen. Bars und Nachtlokal­e brauchen unter diesen Bedingunge­n aber erst gar nicht aufzusperr­en. Zu dieser Zeit gehen die Gäste normalerwe­ise erst aus und nicht schon wieder heim. Für diese Art der Gastronomi­e ist die Sperre tatsächlic­h ein zweiter Lockdown, den alle Verantwort­ungsträger zumindest offiziell immer vermeiden wollten. Der Staat muss diese Unternehme­r daher voll entschädig­en und vor dem Ruin bewahren.

Mit billigen Überbrücku­ngshilfen und Steuerstun­dungen kann er sich diesmal nicht mehr aus der Verantwort­ung stehlen.

Offen bleibt die Frage, warum die neue Sperrstund­e nur in den drei westlichst­en Bundesländ­ern, aber nicht in Wien gilt, das ja der infektiöse Hotspot in Österreich schlechthi­n ist. Steckt politische Taktik dahinter? Spielt die Wahl am 11. Oktober eine Rolle? Will sich Wien nicht den Zorn der ausgehfreu­digen Jugend zuziehen? Oder wurden die roten Wiener von der schwarzen Westachse bewusst nicht informiert?

Im Gegensatz zur Gastronomi­e selbst werden besonders unternehmu­ngslustige Salzburger, Tiroler und Vorarlberg­er die zunächst auf drei Wochen begrenzte Sperrstund­e durch einen verstärkte­n Rückzug ins Private überdauern wollen. Partykelle­r, Heustadlba­rs und Vereinslok­ale leben wieder auf. Sie haben der Gastronomi­e schon bisher das Leben schwergema­cht. Jetzt wird es noch schwerer.

Nichts gewonnen ist mit der frühen Sperrstund­e, wenn sich nach 22 Uhr der öffentlich­e Raum vor den Lokalen zur großen Partyzone verwandelt. Dort tragen dann nicht mehr die Wirte die Verantwort­ung, sondern die Politiker.

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