Wie kann Winterurlaub in Österreich gelingen?
Die Touristiker rüsten sich für den Winter. Ob Gäste kommen, weiß man noch nicht. Wenigstens schneit’s.
SALZBURG. Zu Herbstbeginn wird in den westlichen Bundesländern üblicherweise damit begonnen, über den ersten Schneefall zu spekulieren. Der war bisher essenziell, damit die Buchungen für die Wintersaison anlaufen. Die gute Nachricht: Der Schnee kommt auch heuer wieder. Rund ein halber Meter soll am kommenden Wochenende im Gebirge fallen. Im Salzburger Gletscherskigebiet Kitzsteinhorn-Kaprun könnten – wenn es für einen Saisonstart reicht – schon nächste Woche die Lifte in Betrieb gehen. Die schlechte Nachricht: Jeden Tag wird derzeit noch ungewisser, welcher Urlaubsgast überhaupt kommen kann oder will.
Im Winter 2019/20, der frühzeitig durch Corona gestoppt wurde, waren es bis Ende Februar 14,5 Millionen Gäste, die Skiferien in Österreich machten und für 53 Millionen Nächtigungen sorgten. Fast 20 Millionen Übernachtungen entfielen auf deutsche Gäste, rund fünf Millionen auf den zweitwichtigsten ausländischen Herkunftsmarkt, die Niederlande. Die Zuwächse zum Vorjahreswinter waren zweistellig. Im Vollzeit-Coronawinter erwartet man das Gegenteil. Die Branche geht derzeit von einem Nächtigungsrückgang in einer Größenordnung von bis zu 30 Prozent aus. Der Reisekonzern Tui meldete am Dienstag, der Buchungsstand für Winterurlaube liege derzeit um 59 Prozent unter dem Vorjahreswert.
„Hätten die Niederländer ein Problem mit der Reisefreiheit, dann wäre das eine mittlere Katastrophe“, sagte Salzburgs Landestourismuschef Leo Bauernberger erst vor wenigen Tagen im Gespräch mit den SN. Seit Dienstag haben auch die Niederlande nach der Schweiz, Deutschland, Dänemark und Belgien eine (partielle) Reisewarnung für Österreich ausgesprochen. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) gab daraufhin ein Ziel aus: „Die Reisewarnungen müssen wieder aufgehoben werden.“
Die Tourismusbranche indes wartet nach wie vor auf einen offiziellen Leitfaden, welche Vorkehrungen die Betriebe für den Winter zu treffen haben. Man werde wöchentlich vertröstet, sagt der Sprecher von Österreichs Seilbahnen, Franz Hörl. Die Branche selbst habe in vielen Bereichen bereits Konzepte erstellt. „Die liegen seit Juli zur Genehmigung vor.“
Zahlreiche Bergbahnen haben im Sommer damit begonnen, auf eigene Kosten ihre Mitarbeiter regelmäßig auf Corona testen zu lassen. „Wir tun das auch, damit die Labors ihre Kapazitäten aufbauen können, die wir im Winter brauchen“, sagt Hörl. Bei den Anlagen selbst soll über Leitmaßnahmen das Abstandhalten erleichtert werden. Von einer Beschränkung beim Ticketkauf geht man derzeit nicht aus. Hörl: „85 Prozent unserer Lifte sind Sesselund Schlepplifte, da sitzt man ohnehin im Freien.“
In den Gondeln gab es bereits im Sommer Maskenpflicht. Für einen skifahrertauglichen Mund-NasenSchutz hat man vielerorts schon vorgesorgt. Am Kitzsteinhorn werden um einen „Anerkennungspreis“von zwei Euro Schlauchhalstücher (Buffs) ausgegeben. Man habe für die kommende Saison „eine große Menge bestellt“, sagt Sprecherin
Maria Hofer. Warum der Schutz nicht gratis ist? „Wir haben das versucht, aber es hat sich gezeigt, dass Gratis-Mund-Nasen-Schutz oft einfach weggeschmissen wird.“
Einen Leitfaden entwickelt haben auch die Skischulen. Empfohlen wird, die Gruppengrößen auf maximal neun Personen einzuschränken, es gibt einen Handlungsleitfaden für den Fall eines Coronaverdachts, und nicht österreichische Skilehrer müssen bei ihrem Arbeitsantritt einen negativen Coronatest vorlegen. Österreichweit gibt es 560 Ski- und Snowboardschulen mit rund 18.000 Mitarbeitern.
Allein in Salzburg zählen die 125 Skischulen rund 5000 Beschäftigte in der Saison. Mit 70 Prozent den weitaus höchsten Anteil haben Kinderskikurse. In Salzburg werden jeden Winter 80.000 bis 100.000 Kinder im Skisport unterrichtet. Die wichtigsten Herkunftsländer sind Deutschland und Österreich, aber auch die Niederlande, Dänemark, die anderen Beneluxländer, Schweden und England. „Reisewarnungen im pauschalen Ausmaß aus diesen Märkten wären unser Todesstoß“, sagt die Leiterin des Salzburger Skiund Snowboardlehrerverbands, Petra Hutter-Tillian. Noch sei man optimistisch, stelle sich aber auf extrem kurzfristige Buchungen ein.
Petra Stolba, Chefin der Österreich Werbung (ÖW), hält es nicht für ausgeschlossen, dass die Österreicher, so wie schon im Sommer, zum Gelingen der Wintersaison beitragen werden – auch ohne skifahrerisches Können. „Der Winterurlaub ist heute ein vielfältiger Urlaub“, betont Stolba. In Summe pumpt die ÖW heuer mehr als sieben Mill. Euro in die Bewerbung des Winters. Und man überlegt, im Nahmarkt Italien auch Christkindlmärkte zu bewerben. Es bleibt aber fraglich, ob es sie denn geben wird.
„Haben eine große Menge an Schlauchhalstüchern bestellt.“