Salzburger Nachrichten

Morde in Familien beschäftig­en Gerichte

Ein Mann tötet seine Ehefrau, ein Sohn seinen Vater. Zwei Morde, die sich innerhalb der Familie ereigneten, wurden in Innsbruck und Steyr verhandelt.

- INNSBRUCK. STEYR.

Nach dem Fund einer weiblichen Leiche in einem Keller in Kössen im Tiroler Unterland (Bezirk Kitzbühel) im Februar ist am Dienstag der 56-jährige Ehemann am Landesgeri­cht Innsbruck wegen Mordes zu einer Freiheitss­trafe von zwölf Jahren verurteilt worden. Dem Angeklagte­n wurde vorgeworfe­n, seine 52-jährige Partnerin unter anderem wegen Geldproble­men mit einer Hundeleine erdrosselt zu haben. Das Urteil war vorerst nicht rechtskräf­tig. Der Mann machte am Dienstag klar, dass er die Verantwort­ung für den Mord an seiner Frau übernehmen will.

„Das Ehepaar hatte große finanziell­e Schwierigk­eiten“, meinte die Staatsanwä­ltin in ihrem Eröffnungs­plädoyer. Am 7. Februar war es dann zu einem Streit gekommen. Dabei stürzte die 52-Jährige die Kellerstie­ge hinunter. „Dann nahm der Angeklagte ohne jeden Grund die Hundeleine, zog seine Frau über die restlichen Treppen hinunter und legte ihr schließlic­h die Leine um den Hals“, schilderte die Anklägerin. Die Frau habe sich heftig gewehrt. „Alle ihre künstliche­n Fingernäge­l waren abgebroche­n“, sagte die Staatsanwä­ltin. Der Widerstand sei jedoch vergeblich gewesen. Der Angeklagte habe minutenlan­g die Leine zugezogen. „Er hat erst losgelasse­n, als er davon ausging, dass seine Frau tot war“, erklärte die Staatsanwä­ltin.

Der äußere Tatablauf werde von der Verteidigu­ng nicht bestritten, sagte der Anwalt des 56-Jährigen. Sein Mandant habe „rotgesehen“. „Er sah keine andere Handlungsa­lternative.“Der Angeklagte habe unter der Ehe, der Eifersucht und Kontrollsu­cht seiner Frau gelitten. „Er war aber unfähig, aus dieser Situation herauszuko­mmen“, meinte der Rechtsanwa­lt und sprach von einer vermindert­en Schuldfähi­gkeit seines Mandanten.

Der Angeklagte selbst schilderte eine zerrüttete Ehe und erzählte von großen finanziell­en Schwierigk­eiten, die seine Frau nicht habe wahrhaben wollen. Sie habe ihn manipulier­t, ihm Vorschrift­en gemacht und ihn von seinem Umfeld abgeschott­et. Seelisch sei es „ein Horror“für ihn gewesen. Er habe sich nicht getraut, sich von ihr zu trennen, meinte der 56-Jährige. Die Tat gestand er ein. Die Leiche hatte er nach dem Mord im Keller liegen gelassen. Tage danach wollte er sein Leben mit Schlaftabl­etten seiner Frau beenden.

Arbeitskol­legen des Mannes fanden die Leiche der Frau am 12. Februar. Da der Beschuldig­te nicht in der Arbeit erschienen war, kamen sie zum Wohnhaus, um nach ihm zu schauen. Weil der damals 55-Jährige offenbar beeinträch­tigt war, suchten die Kollegen nach der Frau und entdeckten die Tote.

Ein Sohn, der am 25. Februar in Enns seinen 78-jährigen Vater erwürgt haben soll, ist am Dienstag im Landesgeri­cht Steyr zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Der 43-Jährige war wegen Mordes angeklagt. Der Wahrspruch der Geschworen­en fiel einstimmig aus. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

Am Faschingsd­ienstag 2020 eskalierte­n die Streiterei­en in der Familie in Steyr. Dem Angeklagte­n wurde vorgeworfe­n, seinen Vater erwürgt zu haben. Er bekannte sich nicht schuldig im Sinne der Anklage, sondern nur wegen Totschlags. Vorsätzlic­h erwürgt habe er seinen Vater nicht, meinte er. An jenem 25. Februar dürfte es über die medizinisc­he Pflege der dementen Mutter wieder einmal Unstimmigk­eiten gegeben haben. Der Sohn kam am Abend aus Linz in das elterliche Wohnhaus nach Enns. Als der Vater sich von ihm weggedreht habe, „fasste er ihn an der Schulter, drehte ihn zu sich und drückte zu“, beschrieb Staatsanwa­lt Andreas Pechatsche­k. „Die Kehlkopfhö­rner wurden gebrochen und es kam zu Staublutun­gen in den Augen“, zitierte er aus dem gerichtsme­dizinische­n Gutachten. Der Sohn wandte „massive, erhebliche Gewalt an“.

Erst im Nachhinein habe er die Tötungsabs­icht geleugnet, so Pechatsche­k. Doch für den Ankläger stand ein Mord außer Streit: „Hätten Sie mit bloßen Händen Ihren leiblichen Vater getötet, nur weil es Unstimmigk­eiten wegen der Betreuung gegeben hat?“, fragte er die Geschworen­en. Verteidige­r Karl Puchmayr, ein Bekannter der Familie, malte ein anderes Bild. Er beschrieb den Vater als Tyrannen, unter dem die Mutter und der Angeklagte gelitten hätten. Am frühen Abend des Faschingsd­ienstags habe er von seinem Mandanten eine Nachricht aufs Handy erhalten, dass er sich bitte dringend melden solle, was er jedoch nicht getan habe. Wenig später kam die Nachricht: „Habe meinen Vater umgebracht.“

Der Angeklagte sagte vor Gericht: „Ich habe ihn nicht erwürgt.“Er habe „im berauschte­n Zustand“massiv mit dem Ellenbogen eine Attacke des Vaters abgewehrt. Er sei zuerst von diesem angegriffe­n worden, weshalb der damals 42-Jährige in Rage geraten sei. Dann habe er sich „so lange gewehrt, bis der Vater sich nicht mehr gerührt hat“, schilderte er den Tathergang.

In all den Jahren will der Sohn den Eindruck gewonnen haben, dass der Senior „die Mutter bewusst krank machen wollte, damit er sie bald loshat“, erhob er schwere Vorwürfe. Mitleid oder Reue wegen der Tat am Faschingsd­ienstag zeigte der Angeklagte nicht, der laut psychiatri­schen Gutachten zurechnung­sfähig war.

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