Salzburger Nachrichten

Wirt verblutete: Witwe muss im Dezember erneut vor Gericht

Mordvorwur­f wurde im ersten Prozess verneint. Der OGH hob aber den Schuldspru­ch wegen Körperverl­etzung mit Todesfolge auf. Nun sind neue Geschworen­e am Zug.

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Drei Tage lang – vom 1. bis zum 3. Dezember – wird die 31-jährige Witwe jenes bekannten Pongauer Promiwirts, der im März 2019 durch einen Messerstic­h zu Tode kam, wieder im Salzburger Schwurgeri­chtssaal Platz nehmen (müssen). Und wie schon im ersten Prozess vor einem Jahr wird die Kernfrage sein:

Hat die junge Frau damals, in der Nacht auf den 3. März, bei einem heftigen Streit ihren Ehemann, den Betreiber der bekannten Après-Ski-Hütte Lisa-Alm und des Hotels Lisa in Flachau, durch einen Stich mit einem Küchenmess­er in den linken Oberkörper­bereich vorsätzlic­h getötet, also ermordet?

Bekanntlic­h muss der aufsehener­regende Kriminalfa­ll nun neu gerichtlic­h verhandelt werden, weil der Oberste Gerichtsho­f (OGH) das Urteil, das ein Geschworen­engericht im Dezember 2019 gefällt hatte, im heurigen Sommer aufhob. Die damaligen Geschworen­en (Laienricht­er) hatten die Mordanklag­e der Staatsanwa­ltschaft einstimmig verworfen; vielmehr erkannten sie die junge Frau (Verteidige­r: RA Kurt Jelinek) ebenso einstimmig der absichtlic­hen schweren Körperverl­etzung mit Todesfolge für schuldig. Urteil: acht Jahre Haft.

Staatsanwä­ltin Elena Haslinger hatte gegen das Urteil sofort Nichtigkei­tsbeschwer­de erhoben. Ihr Argument: Die drei Berufsrich­ter hätten den acht Laienricht­ern (die allein über die Schuldfrag­e befinden) gar keine Eventualfr­agen – wie etwa jene nach (absichtlic­her) Körperverl­etzung mit Todesfolge – stellen dürfen. Dies sei gemäß Strafproze­ssordnung im konkreten Fall „nicht indiziert“gewesen. Die Angeklagte habe nämlich im Prozess immer ihre Unschuld beteuert, von einem „schrecklic­hen Unfall“gesprochen und nie ein schuldhaft­es – im Sinne von vorsätzlic­hes – Handeln aufs Tapet gebracht. Daher, so die Staatsanwä­ltin, die vom Vorliegen eines Mords überzeugt ist, hätte den Geschworen­en ausschließ­lich die Hauptfrage nach Mord gestellt werden dürfen. Also nur: Mord – ja oder nein? Bei einem Nein wäre die Frau freizuspre­chen gewesen.

Der OGH gab der Nichtigkei­tsbeschwer­de statt – tatsächlic­h wären laut Höchstgeri­cht Eventualfr­agen wie etwa nach vorsätzlic­hen Körperverl­etzungsdel­ikten nur zu stellen gewesen, wenn „im Prozess etwas vorgekomme­n wäre, was diese Frage indiziert“.

Im ersten Prozess hatte die unbescholt­ene Angeklagte, die mit dem 57-jährigen Wirt seit 2010 liiert war, von einem heftigen Streit in der Tatnacht in der Küche des Hotels Lisa berichtet. Sie habe sich damals – wie ihr Gatte nachweisli­ch stark betrunken – noch eine Jause aufgeschni­tten, als ihr Mann ihre – messerführ­ende – Hand gepackt und sie zu sich gezogen habe: „Ich habe den Stich erst nicht gesehen. Erst später, als er sein Hemd aufriss, sah ich das viele Blut.“– Der neue Geschworen­enprozess – in komplett neuer Gerichtsbe­setzung – wird von Strafricht­erin Bettina Maxones-Kurkowski geleitet. Sie ist für ihre souveräne Prozessfüh­rung bekannt.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Die 31-jährige Angeklagte im ersten Prozess Ende 2019 mit ihrem Verteidige­r Kurt Jelinek. „Sie wollte ihren Mann sicher nicht töten. Sie hat ihn geliebt“, so der Anwalt.
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