Salzburger Nachrichten

Vom Recht zu sterben

- Mit Richard Greil mars

Sollen die Beihilfe zum Suizid und aktive Sterbehilf­e straffrei werden? Warum das Höchstgeri­cht diese schwierige­n Fragen klären muss.

Richard Greil ist Primar der Inneren Medizin III am Unikliniku­m Salzburg. Er warnt aus medizinisc­her Sicht vor der aktiven Sterbehilf­e und fordert mehr Ressourcen für die Palliativm­edizin.

SN: Verstehen Sie, dass unheilbar Kranke ihrem

Leben ein Ende setzen wollen? Richard Greil: Es ist klar, dass für manche Patientinn­en und Patienten eine schwere Situation am Ende des Lebens steht. Es gibt hier inzwischen hohe Expertise in der palliativm­edizinisch­en Versorgung, gleichzeit­ig aber einen beträchtli­chen Mangel an Struktur und Personal. Dabei ist die Palliativm­edizin auf Palliativs­tationen nur ein kleiner Teil der gesamten Palliativv­ersorgung. Bei der aktiven Sterbehilf­e muss man die gesellscha­ftlichen Auswirkung­en sehen. Da würde eine Grenze überschrit­ten werden, die ich für gefährlich halte.

SN: Warum?

Das ist ein Dammbruch, aus mehreren Gründen. Stellen Sie sich diese Situation im Spital vor: In einen Zimmer kämpfen die Ärzte um ein Leben, im anderen beenden sie eines. Wenn der Schutz des Lebens nicht mehr die oberste Prämisse eines Arztes ist, dann besteht die Gefahr, dass ein gesellscha­ftlicher Druck auf Arzt und Patient ausgeübt wird. Viele fühlen sich vielleicht als Last für die Angehörige­n. In einigen Ländern ist auch die Tötung psychisch Kranker oder von kranken Kindern erlaubt. Dazu kommen ganz praktische Problemste­llungen.

SN: Welche meinen Sie?

Es braucht etwa eine gesetzlich­e Definition, für wen die aktive Sterbehilf­e zutrifft. Die Bezeichnun­g „unheilbar krank“reicht nicht. Wenn jemand an einer unheilbare­n Krankheit leidet, kann er noch immer längere oder lange Zeit leben und das unmittelba­re Bevorstehe­n des Todes ist medizinisc­h schwer festzustel­len.

Die nächste Frage: Wie stellen Sie fest, dass ein ernsthafte­r Wunsch besteht und der Patient nicht an einer vorübergeh­enden Depression leidet? Außerdem müssen Ärzte ausgebilde­t werden, es muss also eine Ausbildung zur Tötung geschaffen werden. Das wäre eine absolute Veränderun­g unseres Wertekanon­s.

SN: Wie sieht die aktive Sterbehilf­e im Ausland aus?

Es werden Atem- und Herz-Kreislauf lähmende Medikament­e verabreich­t. In einem Teil der Fälle wird aber keine Vene gefunden. Das heißt, die Tötung muss dann verschoben werden. Eine unglaublic­he Belastung.

Es gibt auch Studien, wonach der Tötungsver­such nicht immer funktionie­rt und wiederholt werden muss. Auch bei dieser Art des Todes kann es zu beträchtli­chen medizinisc­hen Problemen kommen. Zudem werden nach einiger Zeit die Regeln zur ärztlichen Zweitmeinu­ng nur mehr fraglich eingehalte­n und die notwendige Last zur Verantwort­ung schwindet.

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